Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 129

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jenigen, die während der NS-Zeit auf Grund ihrer sexuellen Orientierung im Gefängnis saßen, entschädigen oder anerkennen?

Diese Argumentation hat wohl nicht gesehen und eingesehen, dass es wohl etwas an­deres war, während der NS-Zeit inhaftiert zu sein, als davor oder danach. Da war man nämlich davon bedroht, ermordet zu werden, ins KZ geliefert zu werden beziehungs­weise – was vielen auch geschah – im KZ umzukommen.

Viele haben auch argumentiert, man müsste dann ja vielleicht auch ganz reguläre Verbrecher als Opfer anerkennen. Meine Damen und Herren! Homosexualität ist in Österreich seit mittlerweile mehr als 30 Jahren kein Verbrechen mehr. 1971 hat das Hohe Haus das abgeschafft – spät genug, aber doch!

Das war also die Argumentation in der letzten Legislaturperiode. Ein Opfer, das auf Grund seiner Homosexualität in der NS-Zeit im Gefängnis gesessen ist, hat gesagt, er hätte sich damals gar nicht um die Wiedergutmachung bemüht – ich zitiere –: da man mir zu verstehen gab, dass es sich hier um ein kriminelles Delikt handle, das auch nach österreichischem Recht strafbar gewesen wäre. – Zitatende.

Er hat es also gar nicht versucht, weil er ohnehin schon gewusst hat, Homosexualität war nicht gern gesehen – weder vorher noch nachher –, deswegen wurde sie auch als Delikt angesehen.

Dazu kam, dass diesen Menschen ihre Haftzeit oder auch die Zeit im KZ – wenn sie sie überlebt haben – nicht als Ersatzzeit für die Pension angerechnet wurde. In der Nachkriegszeit gab es etliche Schreiben der Pensionsversicherungsanstalten und auch des Sozialministeriums, dass diese Zeiten nicht anerkannt werden. Ich erinnere daran, dass SS-Angehörigen, denen keine Kriegsverbrechen nachgewiesen werden konnten, die Zeit sehr wohl für die Pension angerechnet wurde.

Es gab einzelne Personen, die mit dem rosa Winkel im KZ waren, überlebt haben und die in den fünfziger und sechziger Jahren das Ansuchen gestellt haben, nach dem Opferfürsorgegesetz anerkannt zu werden. Bei einem wurde dabei der rosa mit dem roten Winkel verwechselt. Als man nachher draufkam, dass er den rosa Winkel getra­gen hatte, wurde ihm die Anerkennung wieder aberkannt.

Das Argument, das manche in dieser Legislaturperiode – im Sozialausschuss vor einem Jahr – vorgebracht haben, die, die noch lebten, würden ja ohnehin anerkannt, wenn sie es probierten, mag für jetzt stimmen, aber in den fünfziger und sechziger Jahren hat das nicht gegolten. – Noch in den neunziger Jahren nicht: Auch da hat einer einen Antrag gestellt. In der ersten Instanz wurde mit der Begründung abgelehnt, es gebe hinsichtlich seiner sexuellen Orientierung keine rechtliche Grundlage im Opferfür­sorgegesetz. Er ging in die zweite Instanz. – Das Urteil hat er leider nicht mehr erlebt.

Eine andere Gruppe, auf die mein Kollege Öllinger noch näher eingehen wird, sind die so genannten Asozialen. Da wurde von den Nazis so etwas wie vorbeugende Ver­brechensbekämpfung betrieben: Menschen, die sozial unangepasst waren, wurden als Asoziale eingestuft, aber auch jene, deren sexuelles Verhalten nicht genehm war. Dazu gehörten auch schwule Männer und lesbische Frauen. Auch die sind im Opfer­fürsorgegesetz immer noch nicht anerkannt.

In dieser Legislaturperiode haben wir auch einen Antrag gestellt – schon im März 2003. – Das ist der, der Ihnen jetzt wieder vorliegt. Es gab eine erste Lesung, es gab dann vor mehr als einem Jahr, im Februar 2004, auch eine Debatte im Sozialaus­schuss. – Das Thema wurde aber vertagt. (Abg. Silhavy: Wie halt alles!) – Wie halt so vieles, was hier passiert.

 


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