Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 128

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16.16.58Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommen wir zur kurzen Debatte über den Antrag von Frau Abgeordneter Mag. Lunacek, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 86/A der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird, eine Frist bis 30. März 2005 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass in dieser Debatte kein Redner länger als 5 Minu­ten sprechen darf, wobei die Erstrednerin zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Mag. Lunacek. Bitte, Frau Kolle­gin. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten.

 


16.18.00

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Ich beginne mit einem Zitat, das wohl die meisten von Ihnen vor kurzem hier in diesem Haus – nicht in diesem Saal, aber in diesem Haus – gehört haben:

„Die heutige Generation, die heutige Zeit versteht nicht leicht, warum vieles nicht von Anfang an klar und deutlich, klarer und deutlicher ausgesprochen wurde: die Taten der NS-Vertreibung, Enteignung, Ermordung jüdischer Bürger, aber auch von Kranken, Homosexuellen, von Roma und Sinti, von Menschen anderer politischer und religiöser Überzeugung, deren Wirken so viel zur Formung unseres Österreichtums beigetragen hat.“

Von wem ist dieses Zitat? – Sie erinnern sich: Es stammt aus der Rede des Bundes­kanzlers am 14. Jänner anlässlich der Auftaktveranstaltung zu den Erinnerungsfeiern aus Anlass des Endes des Zweiten Weltkrieges, der Unterzeichnung des Staatsvertra­ges et cetera im Reichsratssaal.

Wie viele andere war auch ich erstaunt darüber, dass der Bundeskanzler auch die Anerkennung der homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus angesprochen und ausgesprochen hat, denn es gibt in der heutigen Generation – und da zähle ich mich dazu – sehr wohl viele, die nicht verstehen, warum die Gruppe der homosexuellen Opfer, die den rosa Winkel tragen mussten, und auch die Gruppe der so genannten Asozialen, die den schwarzen Winkel tragen mussten, bis heute im Opferfürsorge­gesetz keine Anerkennung gefunden haben.

Sie wissen das. – Wir hatten diese Debatten schon öfters im Nationalrat, aber auch im Sozialausschuss. Das Verständnis dafür fehlt, meine Damen und Herren! Deswegen heute wieder einmal ein Fristsetzungsantrag zu unserem Antrag, in dem das Opfer­fürsorgegesetz so geändert wird, dass endlich – 60 Jahre nach dem Ende des NS-Regimes! – auch die Homosexuellen und die so genannten asozialen Opfer Anerken­nung in diesem Gesetz finden.

Ich möchte Ihnen noch einmal die Geschichte dieser öffentlichen Nichtanerkennung näher bringen: Schon in der letzten Legislaturperiode gab es zu diesem Thema einen Antrag von uns. Damals war das Argument der Regierungsfraktionen noch, es gehe da um die Rechtskontinuität. Homosexualität war schließlich auch vor der NS-Zeit und nachher verboten und wurde als Verbrechen geahndet. Warum soll man daher die-


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