Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 208

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Der freiheitliche Kollege Bucher meinte – Woodoo-Ökonomie pur!; das ist ganz offen­sichtlich wirklich der Grundsatz, nach dem diese Bundesregierung arbeitet, vor allem der Finanzminister –: Wenn man das Geld beim Fenster hinausschmeißt, dann ist das gut, denn es kommt bei der Tür wieder herein! Das ist die „Ökonomie“ dieser Bundes­regierung! Das muss man sich einmal vorstellen! Das ist das, was heute von Vertretern dieser Koalitionsregierung gesagt wird: Hau’n ma des Geld beim Fenster ausse, weil es kummt eh bei der Tür wieder eina! – Ihr Grundsatz ist das! Das haben Sie gesagt! Und es ist tatsächlich so. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Darauf werden wir hier noch zurückkommen.

Ein Beispiel habe ich hier gebracht, Kollege Mitterlehner: die Privatisierung des Bun­desverlages. Es wäre sehr interessant, Herr Präsident Moser, sich nicht nur anzu­schauen, was zum Zeitpunkt der Veräußerung beziehungsweise Privatisierung passiert ist, sondern was in einer Längsschnittanalyse jetzt mit dem Bundesverlag los ist! Ich weiß schon, dass Sie da gar nicht mehr zuständig sind; da können Sie nicht einmal mehr hineinschauen.

Wir alle wissen doch ganz genau: Der Erwerber des Bundesverlages ... – Herr Staats­sekretär Finz schaut ganz interessiert zu; er hat ja auch damals einen Beratervertrag im Zusammenhang mit dem Bundesverlag vergeben, nämlich parallel zum Finanz­ministerium. Der Bundesverlag hat mittlerweile – in Teilbereichen – drei Mal den Besit­zer gewechselt! Der lukrative Teil ist beim deutschen Erwerber geblieben, alle anderen Teile wurden mittlerweile bereits zwei, drei Mal weiterverkauft! – Dazu kann man wirklich nur sagen: „Super-Privatisierung“, danke schön!

Zweites Beispiel: Telekom-Privatisierung. Da wird es heiß, und Sie wissen, was ich meine. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Wie das gelaufen ist? – Na wunderbar! Bei der Telekom-Privatisierung, auch mit Beraterverträgen auf den Weg gebracht – es wurde ja ordentlich investiert in den Börsegang –, hat man in den letzten Tagen vor dem Börsegang gesehen, dass das nicht so richtig hinhaut; diese Aktie wird zu wenig gezeichnet. Also hat man in allerletzter Minute – und entgegen den im Börseprospekt ausgewiesenen Bedingungen – mit Superrabatten Großanleger dazu animiert, doch noch schnell zuzugreifen.

So war es, Herr Staatssekretär! Aber: Es geht nicht nur um Ihr Geld, sondern um das Geld aller Steuerzahler. Man hat Großanleger animiert, noch schnell zuzugreifen, Son­derrabatte wurden vereinbart, von denen die New Yorker Börse natürlich nichts weiß, denn wenn diese davon erfahren hätte, dann hätte es in Wien „Granada gespielt“.

Großanlegern wurden große Superrabatte gegeben, und die haben angenommen, haben die Aktien der neuen Telekom gezeichnet, des eigenen Unternehmens, die man als „Volksaktie“ auf den Markt bringen wollte. Und was haben diese Großanleger gemacht, gleich am ersten Tag, nachdem der Ausgabekurs, glaube ich, 9 € war und sie selbst ja nur 7 € dafür zahlen mussten? Was machen die da? – Sie wissen es, Herr Kollege Mitterlehner: Sie verkaufen natürlich! Am ersten Tag verkaufen die Großan­leger diese wunderbare „Volksaktie“, die sie zu günstigsten Bedingungen erworben haben – und sie verdienen noch einmal daran!

So wird von Seiten der österreichischen Bundesregierung beziehungsweise des Finanzministeriums mit Steuergeldern umgegangen! (Staatssekretär Dr. Finz: ÖIAG!) ÖIAG, ja, ich weiß, aber das Finanzministerium hatte damals auch etwas zu reden da­bei! Das ist die bittere Realität, wo man sich fragen muss: Vielleicht haben Sie wirklich Recht mit Ihrer Woodoo-Ökonomie: Beim Fenster hinaushauen, bei irgendeiner Tür kommt es schon wieder herein! – Ja, aber bei der falschen Tür, würde ich meinen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.19

 


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