Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 15

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vor Augen halten, dass wir damit auch in neue Dimensionen und Entscheidungsfelder gelangten, die bis dahin für uns nicht offen waren, dann relativiert sich wahrscheinlich selbst diese Frage.

Ich möchte aber jetzt einige Details zu den einzelnen Dimensionen anfügen. Zunächst spreche ich die Bereiche Wohlstand und Arbeitsplätze an: Es ist tatsächlich gigantisch, wie sich Österreich wirtschaftlich entwickelt hat! Wir haben innerhalb von wenigen Jahren unsere Exporte verdoppelt! Den Österreichern ist wahrscheinlich zu einem Gutteil gar nicht bewusst, dass heute mehr als jeder zweite Euro nicht innerhalb von Österreich, sondern im Ausland verdient wird. Das heißt, die Hälfte unseres Wohl­standes ist darauf zurückzuführen, dass wir in das Ausland exportieren können. Es ist seit dem Jahr 2002 etwas eingetreten, was früher keiner von uns für möglich gehalten hätte, nämlich, dass wir einen Exportüberschuss erzielen, dass wir eine positive Handelsbilanz haben. Jahrzehnte hindurch war der Ausgleich in der Zahlungsbilanz nur durch die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr möglich. Heute ist bereits eine Struktur vorhanden, wo wir allein aus dem, was wir verkaufen, eine positive Bilanz haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist nicht ausschließlich auf die EU zurückzuführen – das muss man sagen –, sondern da trugen die Reformen, die wir durchgeführt haben – von den Steuer­sen­kungen, dem Steuermodell bis zu den Anreizen für die Wirtschaftstätigkeit –, und die Ost-Öffnung dazu bei. Eines können wir mit Sicherheit sagen: Den Erfolg mussten wir uns selbst erarbeiten. Den Rahmen dazu lieferte die EU. Das ist das Wesentliche!

Ähnliches gilt für die Sicherheit. Denken wir nur daran, wie es vor zehn Jahren etwa am Balkan ausgesehen hat und welche Rolle die EU dort spielt! Denken wir auch daran, welche Rolle Österreich mit einem Botschafter Petritsch, mit einem Erhard Busek und mit einem Bundeskanzler Schüssel – der von der Europäischen Union gemeinsam mit den Amerikanern bei der letzten Konferenz dazu ausersehen wurde, vor dem amerikanischen Präsidenten Bush die europäische Sicherheitspolitik am Balkan zu präsentieren – spielt! Österreich spielt dort eine wichtige Rolle! Wir sind stolz darauf, Herr Bundeskanzler, und bedanken uns für Ihre Initiative und Ihre Tätigkeit in diesem Bereich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Europa hat darüber hinaus für die Bürger nicht nur Arbeitsplätze gebracht, sondern auch die Möglichkeit (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), ohne Pass und mit derselben Währung ins Ausland zu reisen. Vieles mehr könnte man aufzählen.

Wesentlich ist, dass wir jetzt nicht stehen bleiben, sondern an diesem zukünftigen Europa mitbauen. Die Europäische Union gibt uns den Rahmen dafür – wir sollten die Chance ergreifen. Dann haben wir die Möglichkeit, ein großes Österreich in einem großen Europa zu bauen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


9.29.31

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Es stellt sich die Frage: Warum jubeln meine Vorredner, aber warum ist in der Bevölkerung nicht solch eine Jubelstimmung? – Diese Frage sollten wir erörtern, weil uns Europa, die Europäische Union, dieses Friedens­projekt und – wie ich auch hoffe – Sozialprojekt ein echtes Anliegen ist.

Soweit wir dieses Projekt damals verstanden haben – Franz Vranitzky, Brigitte Ederer, Alois Mock und vielen andere haben damals für den Beitritt Österreichs zur Euro­päischen Union gekämpft –, wollten wir schon die europäischen sozialen Traditionen in die Auseinandersetzung über die Globalisierung einbringen. Es geht nicht darum, dass die Globalisierung bloß in Europa ihre Fortsetzung findet auf Kosten des Lohnniveaus,


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