Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 24

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doch nicht der Bevölkerung gesagt, wir werden als neutrales Land in die Europäische Union hineingehen. (Abg. Schieder: Herr Kollege, die ganze EU verhält sich immer mehr, als ob sie neutral wäre!)

Ja, hineingehen, Herr Kollege Schieder – und dann gleichzeitig einen Side letter mit der Europäischen Union vereinbaren, der dann nicht publiziert wird. In diesem hat sich Österreich schon damals voll und ganz und ohne Wenn und Aber zu den Zielen der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik bekannt!

Wenn man heute sagt: UNO-Mandat für militärische Einsätze!, dann weiß man ganz genau, dass das nicht geht. (Abg. Mag. Lunacek: Wieso denn nicht?) Sonst hätten nicht Sie, Herr Kollege, ... (Abg. Schieder: Den Side Letter zeigen Sie einmal her!)

Na, den zeige ich Ihnen gerne! (Abg. Schieder: Ich kenne ihn nicht!) Über diesen Side Letter haben wir auch schon damals diskutiert, den Sie verabschieden mussten, weil die Europäische Union Angst gehabt hat, dass da ein Trittbrettfahrer Mitglied wird. Andere Länder haben das gemacht. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Den zeigen Sie einmal her, den Side Letter!)

Sie wissen auch ganz genau, warum Sie 1998 die österreichische Bundesverfassung geändert haben, wo die Teilnahme Österreichs an militärischen Einsätzen verankert worden ist, auch ohne Mandat der Vereinten Nationen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aha! Aha!) Das wissen Sie alles, nur sagen Sie in der Öffentlichkeit immer etwas anderes. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Realitätsverweigerung! – Das ist ja ein Zickzackkurs!)

Ich sage: Wir bekennen uns dazu, dass diese Europäische Union auch eine Sicher­heitsunion sein muss und dass sich unsere Neutralität grundlegend gewandelt hat, dass es nicht mehr darum geht, die Neutralität so wie 1955 zu interpretieren (Abg. Mag. Lunacek: Sie bekennen sich dazu, dass es kein UNO-Mandat braucht?), sondern dass es darum geht, nicht an Kriegen teilzunehmen – na selbstverständlich, da gibt es einen Konsens! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – auf die SPÖ-Fraktion weisend –: Ein Zickzackkurs ist das! – Krisensitzung!) –, dass es keine dauernde Stationierung von fremden Truppen in Österreich geben soll – Konsens! –, dass es auch keine Mit­gliedschaft in einem reinen Militärbündnis derzeit gibt und wahrscheinlich auch auf absehbare Zeit nicht geben wird – auch darüber gibt es einen Konsens! Aber das ist etwas ganz anderes, als 1955 unter der Neutralität verstanden worden ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ehrlichkeit, Offenheit, Dynamik: Das wäre eine sinnvolle Europapolitik! Da gibt es noch einiges zu tun, denn die Sicherheitsunion besteht ja in weiten Bereichen erst auf dem Papier, genauso wie die Wirtschaftsunion oder die Sozialunion erst auf dem Papier besteht. Da hat Europa eine wichtige Aufgabe – und es gibt keine Alternative zur Europäischen Union, wenn man ja sagt zu Europa.

Aber man muss auch Kritik üben, denn nur dann wird dieses gemeinsame Projekt eines vereinten, eines friedlichen Europa auch ein Erfolgsrezept und eine Erfolgs­geschichte werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Öllinger. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.03.21

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Europa ist noch lange nicht bei den Bürgerinnen und Bürgern ange­kom­men. Wenn Sie mich fragen: Diese Auseinandersetzung steht uns erst bevor. Schauen Sie sich quer durch Europa an, wie die europäischen Bürgerinnen und Bürger oder die Bürger der Nationalstaaten sich derzeit, wenn Europa auf der Tagesordnung steht,


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