Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 75

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vor sind. (Abg. Dr. Mitterlehner: Das wird durch Wiederholung auch nicht wahrer!) – Bitte, Herr Mitterlehner!

Ist Ihnen überhaupt bewusst, dass der Dienstleistungsbereich 70 Prozent des Brutto­inlandsprodukts ausmacht und daher bei der Umsetzung dieser Richtlinie auch mas­sive Auswirkungen auf die österreichische Wirtschaft gegeben sein werden? Wenn ein Beschäftigter aus dem EU-Ausland in Österreich arbeitet, dann haben wir nach dem derzeitigen Richtlinienvorschlag keine Kontrollmöglichkeiten mehr. Man braucht die Sozialversicherungsunterlagen nicht vorzulegen. Die Beschäftigungsbewilligungen können von uns auch nicht mehr kontrolliert werden, das heißt: Der Schwarzarbeit in Europa wird Tür und Tor geöffnet. Und das kann es wohl nicht sein, ist es aber, wenn alles dem Rechtssystem des Herkunftslandes unterliegt.

Es ist unfassbar, dass Sie diese Dienstleistungsrichtlinie goutieren. In diesem Zusam­menhang darf es nicht nur heißen: Weg mit Bolkestein!, sondern auch: Weg mit Bartenstein! Damit wäre vielen geholfen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Keck. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.52.40

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! „Geht es der Wirtschaft gut, geht es uns allen gut!“, so lautete einer der unzäh­ligen Aussprüche, die wir nicht nur im abgelaufenen Wirtschaftskammerwahlkampf über uns ergehen lassen mussten. Zumindest seit Beginn der ersten schwarz-blauen, jetzt müssen wir wohl sagen der schwarz-orangen oder doch der parteifrei freiheitlich-orangen BZÖ-Regierung wird unser Land mit einer Welle von Stehsätzen überrollt, die eigentlich nur dokumentieren, was die tatsächliche Politik dieser Regierung ist, näm­lich: Wirtschaft zuerst.

Lässt man nur das abgelaufene Jahr Revue passieren, Kollege Mitterlehner, was da alles passiert ist, so lässt sich das leicht belegen: Senkung der Körperschaftsteuer, Einführung der Gruppenbesteuerung, eine Pensionsharmonisierung, die auch heute noch überdurchschnittlich hohe Zuschüsse für die Gewerbetreibenden bringt, während ASVG-Versicherte geschröpft werden. Das ist wirklich alles nach dem Geschmack der Bartensteins, der Prinzhorns, der Stronachs dieses Landes; denen geht es wirklich gut. (Ruf bei der ÖVP: Androsch!)

Wie sieht die andere Seite der Medaille aus, meine Damen und Herren? Geht es denen, nämlich allen Übrigen in diesen Lande wirklich so gut, wie es dieser Slogan suggerieren soll? – Ich kann Ihnen nur sagen: Nein, meine Damen und Herren, denn während die Gewinne der heimischen Wirtschaft geradezu explodieren, müssen sich die unselbständig Beschäftigten in Österreich mit Almosen begnügen. Sie leiden unter den hohen Abgaben, erhalten gekürzte Sozialleistungen und kämpfen mit der mas­sivsten Arbeitslosigkeit, die wir jemals in unserem Land erlebt haben. 324 000 und eine Person sind es, die im März als Arbeit suchend gemeldet waren. Es ist dies eine Steigerung um mehr als 4,2 Prozent gegenüber dem Jahr davor. In absoluten Zahlen sind heute um 13 000 Menschen mehr ohne Job als im Jahr 2004. Das entspricht einer Stadt in der Größe von Vöcklabruck oder Enns, die ausschließlich von Arbeit Suchen­den bewohnt wäre.

Und was ist Ihre Reaktion, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien? – Nichts! Wie ist die Reaktion der Wirtschaft? – Wieder nichts! Still und heimlich haben die, von denen Sie, Kollege Mitterlehner, behaupten, sie würden unter geeigneten Rah­menbedingungen Arbeitsplätze schaffen, ihre Gewinne mit diesen Steuergeschenken


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