Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 47

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setzung dafür, dass es in Zukunft bessere Politik in Europa gibt. Daher ist diese Ver­fassung keine Garantie, sondern eine Chance.

Die letzte Frage, die man sich stellen muss, ist wohl die: Wie schaut Europa aus, sollte die Verfassung nicht beschlossen werden? Stellen wir uns vor, in welche Situation Euro­pa kommen würde: Europa würde in eine seiner schwierigsten Phasen und wahr­scheinlich Krisen eintreten. Ich glaube, dass wir es uns angesichts der Herausforde­rungen, die heute vor uns und vor Europa stehen, schlicht und einfach nicht leisten sollten, dass Europa in eine Krise kommt, sondern wir sollten danach trachten, dass Europa tatsächlich handlungsfähiger wird.

Es wäre natürlich bedeutend besser, hätten alle Menschen Europas an einer Abstim­mung in ganz Europa teilnehmen können, um diese Europäische Verfassung auch gemeinsam zu tragen.

Ich glaube, es war ein schwerer Fehler, dass man sich in der Europäischen Union nicht auf eine solche Vorgangsweise hat einigen können, denn das wäre das stärkste Signal gewesen – folgend dem Modell, dass eine österreichische Verfassung die Unter­stüt­zung des österreichischen Volkes haben muss, aber dass eine Europäische Verfas­sung die Unterstützung aller europäischen Völker haben sollte.

Daher ist damit, so finde ich, eine große Chance verloren gegangen, denn viele dieser Vorgänge, die es heute in einzelnen Staaten Europas gibt, haben wenig mit der euro­päischen Verfassung und mehr mit der jeweiligen Befindlichkeit der Bevölkerung in Bezug auf die gerade Regierenden zu tun. Ehrlich gesagt, es kann durchaus sein, dass in dem einen oder anderen Land eine Volksabstimmung gegen die Verfassung aus­geht, obwohl die Leute eigentlich nicht so sehr ein Problem mit der Verfassung, sondern vielleicht mit ihrer Regierung haben. Das Problem ist am Ende nur: Die Ver­fassung ist damit weg, aber die Regierung, die die Leute nicht wollen, bleibt weiterhin.

Daher würde ich sagen: Stimmen wir in Österreich ab über das, was wir abzustimmen haben: über Regierungen und Parlamente bei Wahlen und über die Europäische Verfassung heute im Parlament! Die Sozialdemokratie wird dazu ja sagen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP, der Grünen und der Freiheitlichen.)

10.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Auch er hat eine Redezeit von 12 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


10.41.47

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Wenn wir hier, aber auch außerhalb des Parlaments über EU-Politik diskutieren, wird immer die Frage gestellt: Warum ist denn die Skepsis bei der Bevölkerung so hoch, obwohl dieses Projekt der europäischen Einigung doch ein so gutes und wichtiges ist?

Vielleicht gibt es eben zu wenig Kommunikation zwischen dieser Europäischen Union, den Institutionen der Europäischen Union und der Bevölkerung Europas, und vielleicht sieht man es in der Europäischen Union auch als zu wenig notwendig an, diese Kom­munikation zu betreiben, mehr Kontakt zu halten, mehr zu erklären, warum denn ver­schiedene Projekte in Europa und in der Europäischen Union so notwendig sind.

Und warum sieht man es als so wenig notwendig an, diese Kommunikation zu betrei­ben? – Aus meiner Sicht ganz einfach deshalb, weil es von der Struktur her in Europa, in der Europäischen Union, mit Ausnahme der Wahlen zum Europaparlament mit einer doch sehr beschränkten Auswirkung auf die Union selbst, kaum notwendig ist, für europäische Projekte auch eine Mehrheit in der Bevölkerung, im Bewusstsein der Bevölkerung Europas zu bekommen. Wenn es diese Notwendigkeit gäbe – und dafür


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