Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 72

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einmal, glaube ich, hier festhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was die Volksabstimmung anbelangt, wäre sie – und das sagen wir Freiheitlichen alle – vorbehaltlos zu wünschen. Man muss aber zugestehen, der größere, der stär­kere Regierungspartner hat hier kein Einsehen gehabt. Wir haben es versucht, aber wir haben es nicht brachial versucht; wir hätten es gerne gehabt, es wurde uns nicht zugestanden. Das muss man einfach akzeptieren!

Ich möchte aber Folgendes hinzufügen: Die Österreicher haben insbesondere in den letzten 60 Jahren in schwierigen Fragen immer richtig entschieden. Und es wäre durchaus zumutbar gewesen, in der Frage der Volksabstimmung in Bezug auf die EU-Verfassung dem österreichischen Volk, der österreichischen Bevölkerung die Ent­scheidung zu überlassen. Das wäre durchaus zumutbar gewesen, und ich bedauere es, Herr Bundeskanzler, dass das nicht geschehen konnte.

Als Justizpolitiker muss ich bezüglich des Verhandlungsergebnisses, das von unseren Vertretern nach Hause gebracht wurde, kritisch anmerken: Im Regierungsprogramm steht, dass wir die europäische Staatsanwaltschaft nicht wollen, im Regierungs­pro­gramm steht auch, dass wir die Einstimmigkeit im Strafrecht nicht wollen – dies aus gutem Grunde. Trotzdem haben Sie, Herr Bundeskanzler, uns das im Rucksack Ihres Ergebnisses aus Brüssel nach Hause gebracht, obwohl wir zudem vereinbart hatten, dass darüber zugunsten Österreichs wirklich ein Kampf ausgetragen werden solle.

Ich kann Ihnen nur in aller Deutlichkeit sagen: Die europäische Staatsanwaltschaft hat keine Strukturen in diesem Land. Man weiß nicht, welche Behörden sie repräsentiert. Man weiß nicht, von wem sie kontrolliert wird. Man weiß nicht, in welcher Sprache ver­handelt wird. Man weiß nicht, welche Kompetenzen sie haben wird. Man weiß nur, der Hintergrund ist, dass die EU leider neue Mitgliedstaaten zugelassen hat, die keinen rechtsstaatlichen Hintergrund haben, die keine rechtsstaatlichen Strukturen haben, wie wir sie gewohnt sind. Deswegen müssen wir im Rahmen der europäischen Staats­anwaltschaft einen Souveränitätsverlust hinnehmen, den sich Österreich nicht verdient hat! Und dieses Ergebnis muss man kritisieren dürfen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Gleiche gilt für die Frage der Mehrstimmigkeit im Strafrecht. Wir haben in der EU immer das Prinzip gehabt, dass das Strafrecht nur einstimmig geändert werden kann. Wir haben (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) – es kommt schon der Schlusssatz –, wir haben in diesem Bereich Differenzen in Europa, die man offen­kundig übersehen hat: In Irland ist der Besitz von Teilen von Waffen mit bis zu 14 Jahren Freiheitsstrafe bedroht, in Österreich ist es nicht einmal ein Verwaltungs­delikt. Wie wollen wir dieses Problem mit Mehrstimmigkeit bewältigen? (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Es ist ein innerer Bezug zum Strafrecht erforderlich, wenn man das wirklich sinnvoll umsetzen will. (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Ich glaube, dass hier noch sehr viel Information notwendig ist und bitte Sie, Herr Bundeskanzler, das zu unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

12.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, bitte um Einhaltung der Redezeit! (Abg. Mag. Molterer – in Richtung des das Rednerpult verlassenden Abg. Dr. hmdorfer –: Alles Gute zum Geburtstag!)

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

 


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