Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 74

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Wenn nur das Ihr Einsatz im Jahr 2003 für eine gemeinsame Volksabstimmung auf EU-Ebene war, dann war das sehr wenig, zu wenig, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundes­kanzler Dr. Schüssel.)

Lassen Sie mich auch noch festhalten, dass es laut Informationen – ebenfalls von Johannes Voggenhuber; es gab ja schließlich auch einen Konventsvertreter im Euro­päischen Rat – eineinhalb Jahre lang nach diesem Schreiben vom März 2003, nämlich bis Herbst 2004, im Rat keine Debatte darüber und auch von Ihnen, Herr Bundes­kanzler, keinen Beitrag dazu gegeben hat, eine europäische Volksabstimmung zu machen. (Abg. Parnigoni: Er ist ein Schweiger!)

Herr Bundeskanzler, was Sie hier gesagt haben, ist Demagogie – und entspricht nicht den Tatsachen! Ihr Einsatz für eine europäische Volksabstimmung war nicht ge­nügend. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das bedeutet aber auch, dass es zu wenig an Information in Österreich gegeben hat.

Zur Broschüre, die Sie haben ausschicken lassen, darf ich sagen: Ja, viel Informatives ist drinnen, viel Interessantes, aber glauben Sie nicht, dass es notwendig gewesen wäre, auf jene Dinge einzugehen, die die österreichische Bevölkerung interessieren, nämlich, was jetzt wirklich mit der Neutralität passiert, ob sie abgeschafft wird, wie manche sagen? – Ich kann nur sagen: Nein, das ist nicht so, die bleibt weiterhin aufrecht! Aber dazu steht in dieser Broschüre nichts drinnen!

Zu dem Punkt – auch ein Vorwurf immer wieder an Sie –, ein militärisches Kerneuropa werde gemacht. – Im Ausschuss letzte Woche haben Sie gesagt: Na ja, Kerneuropa: Vielleicht müsste man sich das jetzt doch überlegen! – Auch diese Punkte hätten in dieser Broschüre behandelt werden sollen, und es hätte gesagt werden sollen: Nein, nach dieser Verfassung wird es – das ist auch die Interpretation der Bundesregierung, das sollte sie nämlich sein; die Interpretation der Grünen ist es jedenfalls – keine Teilnahme Österreichs an einem militärischen Kerneuropa geben! (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Das hätten Sie da drinnen schreiben sollen – und nicht nur das, was positiv und gut an dieser Verfassung ist. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundes­ministerin Dr. Plassnik. Redebeitragszeit: 7 Minuten. – Bitte, Frau Ministerin.

 


12.22.00

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich ergänzend einige Bemerkungen aus außenpolitischer Sicht zu diesem neuen europäischen Verfassungswerk machen.

Wir haben hier nicht weniger als den ersten gemeinsamen Verhandlungserfolg der erweiterten Europäischen Union vor uns, der Union der 25, und das ist ein Novum in der Geschichte Europas. 25 gleichberechtigte, souveräne Staaten haben gemeinsam die Regeln für ihr Zusammenwirken geschaffen. Sie haben sich über die Werte ver­ständigt, die ihr Handeln bestimmen werden, sie haben sich über die Ziele verständigt, die sie gemeinsam verfolgen wollen, und sie haben auch die Rechtsregeln festgelegt, die den tagtäglichen Interessenausgleich bestimmen werden.

Mit dieser Verfassung wird also ein Stück moderner europäischer Identität geschaf­fen – und das in vollem Respekt vor den kulturellen, wirtschaftlichen und sicherheits­politischen Eigenheiten der Mitgliedstaaten. Diese Verfassung wird – das wurde ja


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