Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 146

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der klar zum Ausdruck bringt, dass für uns der Respekt für alle Opfer des Nationalsozi­alismus ein ganz wichtiger Wert ist, wobei wir gar keinen Zweifel darüber lassen, dass es nicht einmal den Anflug des Anscheins geben darf, dass hier Missinterpretationen möglich sind.

Ich glaube, wenn wir offen an die Fragen herangehen, wenn wir uns dazu bekennen, klar und deutlich Stellung zu nehmen, und uns gleichzeitig auch dazu bekennen, dass nicht alles in einem Brei vermischt wird, sondern dass man zwischen Opfern und Tätern unterscheiden kann – auch das ist eine wichtige Frage –, dann werden wir eine wichtige Grundlage dafür gelegt haben, dass wir aus der Geschichte lernen können. Das müssen wir, spätestens im 21. Jahrhundert!

Wir müssen den Blick nach vorne richten. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzei­chen.) Wir müssen alles dazu tun, die Menschen nicht nur zu versöhnen, sondern sie dazu zu bringen, dass wir ein gemeinsames Europa aufbauen und dass wir aus der Geschichte für die Zukunft lernen. (Präsident Dr. Khol gibt neuerlich das Glocken­zeichen.) Dann haben wir die richtige Lehre gezogen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.04


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Schieder. Ge­wünschte Redezeit: 6 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.05.01

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die heutige Dringliche Anfrage ist eine wirklich dringende, und die Situation, die sie beschreibt, ist fast makaber: Mitten in den Feiern um 50 Jahre Staatsvertrag müssen wir noch darüber diskutieren, dass er von uns nicht zur Gänze und nicht in allen Bestimmungen erfüllt ist. 60 Jahre nach dem Ende der Nazi-Diktatur müssen wir darüber diskutieren, warum es noch immer keine öffentliche Anerkennung und Rehabilitierung jener ungehorsamen Soldaten gibt, die sich dem Regime verweigerten und dadurch einen Beitrag zum schnelleren Untergang dieses Regimes leisteten.

Dazu gibt es noch Kampl und Gudenus, die den Widerstand diffamieren und von de­nen einer wissenschaftlich erforschen lassen will, ob es überhaupt Gaskammern gege­ben hat. Ich glaube, dieses Parlament ist es sich, der Republik und der Welt in diesem Jubiläumsjahr schuldig, in all diesen Fragen klar Stellung zu beziehen! (Allgemeiner Beifall.)

Wir finden es auch gut, dass in diesem Antrag an eine Forderung erinnert worden ist, die schon längst erfüllt sein sollte, nämlich die Anerkennung von homosexuellen und so genannten „asozialen“ NS-Opfern im Opferfürsorgegesetz und auch von Zwangs­sterilisierten.

Ich hoffe, dass es nicht der Fall ist – und ich nehme es auch nicht an –, dass der Herr Staatssekretär, indem er hier gesagt hat, dass er sich dafür einsetzen wird, nur eine persönliche Verwendungszusage gegeben hat, sondern dass er hier für den Bundes­kanzler geantwortet hat. Ich nehme also an, hier wird es ein Einsetzen in der Regie­rung geben, hier wird es eine Regierungsvorlage geben. Da die Materie nicht schwierig ist, freuen wir uns darüber und würden Sie bitten – da das in einem gewissen Zusam­menhang mit den Feiern steht –, sie, wenn möglich, noch vor dem Sommer dem Hause zuzuleiten. (Abg. Mag. Molterer: Da sind wir schneller!) Dann ist es gut, dann ist es umso besser. Wir werden ja sehen.

Hitlers Deserteure – wie vieles andere Furchtbare hat er schon in „Mein Kampf“ seine Haltung dazu klargestellt: Der Soldat kann sterben, der Deserteur muss sterben,


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