Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 168

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Das alles ist für mich Anlass, den ganzen Fall jetzt noch einmal im Parlament zur Spra­che zu bringen, damit die Justiz diesen Selbstreinigungsprozess in Gang setzt – mit Ihrer Hilfe und vielleicht auch mit Ihrem Nachdruck. (Beifall bei den Grünen.)

Wir brauchen, Frau Ministerin, wirklich das Vertrauen, das ich eingangs erwähnt habe. Und es ist größtenteils da, nur in diesem einen Fall gibt es nach wie vor dunkle Fle­cken, schwarze Flecken, weiße Flecken, weil nicht korrekt ermittelt wurde. (Beifall bei den Grünen.)

Es sind Beweisstücke einfach verschwunden. Es sind Gutachten nicht korrekt gewe­sen. ZeugInnen haben sich auf einmal endlich ohne Druck von Seiten der Untersu­chungsbehörde äußern können und ganz andere Aussagen getroffen. Das alles gehört neu auf den Tisch, gehört in ein neues Verfahren – und dazu, Frau Ministerin, sollen Sie heute persönlich auch etwas beitragen können. Ergreifen Sie das als Chance, wirk­lich als Justizministerin tätig zu werden und nicht die Handlangerin bei der Aufrecht­erhaltung von vergangenen Fehlern, von vielleicht bereits verfahrenen Situationen zu sein. Frau Ministerin, ein aufrechter Appell! (Beifall bei den Grünen.)

17.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer zu Wort. Herr Abgeordneter, Sie haben, so wie Ihre nachfolgenden drei RednerInnen, 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.34.24

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Ich darf zu Beginn ein bisschen auf diesen Fall Tibor Foco, der ja Gegenstand dieser Anfrage war, eingehen. Der Fall Tibor Foco hat sicherlich alle Ingredienzen eines wahrhaft spannen­den Kriminalfalles, ich würde sogar sagen, eines Kriminalthrillers.

Es gab eine durchaus schillernde Persönlichkeit, Herrn Tibor Foco, einen jungen Mann, der Rennfahrer war und durchaus auch Bezug zu einem zweifelhaften Milieu hatte. Es gab einen grauenhaften Mord an einer Prostituierten. Es gibt einen etwas später – und zwar unter zweifelhaften Bedingungen – ums Leben gekommenen Ermitt­lungsbeamten; später widerrufene Geständnisse von Kronzeugen samt Foltervorwür­fen; zwei Verurteilungen, die inzwischen auch wieder aufgehoben worden sind; eine spektakuläre Flucht; aber auch – und das ist, glaube ich, auch von Seiten der Justiz zu betonen – eine inzwischen jahrzehntelange Beschäftigung der Justiz, quer durch alle Instanzen, mehrfach, mit diesem Fall; es gab den Freispruch eines ursprünglich verur­teilten Tatverdächtigen und Hauptverdächtigen; und es gab schwer wiegende Vorwürfe der Geschworenen gegen den vorsitzenden Richter sowie vielfältige Vorwürfe gegen die Polizei, Sachverständige, Staatsanwaltschaft, Gerichte beziehungsweise einzelne Richter.

Dieser Fall ist dennoch, meine sehr geehrten Damen und Herren, kein Romanstoff, er ist nicht das Ergebnis der Phantasie eines Schriftstellers, kein Drehbuch, sondern er ist bittere Realität. Er ist sicherlich einer der spektakulärsten Fälle der österreichischen Kriminal- und Justizgeschichte und – und auch das sei nicht verhehlt – auch sicher kein Ruhmesblatt für die österreichische Polizei und Justiz. Denn: Natürlich ist es be­dauerlich, dass es sich nach wie vor nicht um einen historischen Fall handelt, sondern dass dieser Fall, diese Akte Tibor Foco, immer noch offen ist, nach beinahe 20 Jahren Verfahrensdauer immer noch nicht abgeschlossen ist.

Wenngleich ich daher nicht verhehle, dass die bisherige Geschichte dieser Akte Tibor Foco vielerlei Ungereimtheiten, viele überraschende Wendungen, Entscheidungen, die aus heutiger Sicht falsch waren oder die einer Überprüfung nicht standgehalten haben,


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