Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 151

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bei einem Kontrollorgan. Statt dass ein Kontrollorgan sich an die Brust klopft und sagt: Jessas na, was ist uns da passiert? Da haben wir nicht genügend kontrolliert!, regt er sich mehr oder weniger noch darüber auf, dass Fehler aufgedeckt worden sind. Wie gesagt, da besteht dringender Handlungsbedarf, und da muss auch etwas geschehen, Frau Minister, weil Sie sonst wahrscheinlich ununterbrochen von Vorwürfen des Parla­ments geplagt werden, wenn da nicht endlich etwas geschieht.

Frau Minister! Generell gilt – das haben wir ja schon beobachtet, als der „Hase“ von der Albertina ausgeliehen worden ist –, dass manche Direktoren ihr Museum so betrachten, als ob es ihr Eigentum wäre, mit dem sie uneingeschränkt wirtschaften können. Herr Generaldirektor Seipel erhöht sich sein Gehalt um das Zweieinhalbfache, der andere leiht einen „Hasen“ aus, obwohl das streng verboten war. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Falscher Hase!) So kann es nicht gehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Auch vom Kunsthistorischen Museum sind Werke ins Ausland verliehen worden, obwohl die Restaurierungswerkstätte der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums gesagt hat: Diese Bilder können nicht als Leihgabe vergeben werden, weil sie entweder zu fragil sind oder weil sie zu wertvoll sind oder weil sie eben wegen ihrer Bedeutung von jeder Entlehnung ausgenommen worden sind. Dafür gibt es sogar eine Richtlinie aus dem Jahre 1971. Leider Gottes hat sich das Kunsthistorische Museum samt seinem Kontrollkuratorium über diese Richtlinie hinweggesetzt. Das darf ganz einfach nicht passieren! (Beifall bei den Freiheitlichen, der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Handlungsbedarf ist daher gegeben, und zwar dringender Handlungsbedarf. Frau Minister, Sie haben gesagt, 10 Punkte der 18 Kritikpunkte des Rechnungshofes sind schon erfüllt worden. Ich bin überzeugt davon, dass es notwendig ist, alle Punkte zu erfüllen und das Vier-Augen-Prinzip notfalls sogar zu einem Sechs-Augen-Prinzip zu machen und Herrn Generaldirektor Seipel unter eine sehr starke wirtschaftliche Kontrolle zu stellen. Diese Kontrolle müsste sich auch auf andere Museen wie beispielsweise die Albertina, wegen der Leihgaben und so weiter, erstrecken. Dann werden Sie, Frau Minister, ein zufriedenes Parlament finden, das auch stolz zu Ihren Museen steht. (Beifall bei den Freiheitlichen, der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Kräuter: Nehmen wir gleich einen anständigen Direktor! – Ruf bei der SPÖ: Herr Fasslabend, wo bleibt der Applaus der ÖVP?)

16.01


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. Ich erteile es ihm.

 


16.01.03

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Manchmal sehne ich mich nach einer anderen Diskussion (Ruf bei der ÖVP: Wir auch!) und nach einer anderen Kulturpolitik in dem Haus, zum Beispiel danach, dass man das Nebeneinander unterschiedlichster Kulturen von Zugewan­derten in dem Lande diskutiert, oder über Kulturinitiativen, die vielleicht manchmal im Schatten stehen und nicht in der medialen und repräsentativen Öffentlichkeit zutage treten. Aber nein, wir haben immer wieder diesen Dr. Seipel! Da müssen wir leider durch, denn solange es diese Vorstellung von Kultur in diesem Lande gibt, die eigent­lich das kulturelle Erbe dazu ausnutzt, um sich zu bereichern, um in Saus und Braus zu wirtschaften (Abg. Mag. Molterer: Was heißt „bereichern“? Wer bereichert sich?) und die Gesetze zu missachten, so lange werden wir dieses Thema hier pflegen (Abg. Mag. Molterer: Wem werfen Sie das vor?) und immer wieder darüber reden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Denn dieser Fall Seipel hat sich mittlerweile tatsächlich zu einem Symbol für Freunderl­wirtschaft, für Missbrauch von Macht und Möglichkeiten in der Kunst und Kultur


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