Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 216

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Es ist für die Juristen, ich sage einmal: für die Gerichte unglaublich schwierig, bei Auflösung dieser Lebensgemeinschaften zwischen Mann und Frau, die nicht ver­heiratet sind, vor allem die vermögensrechtliche Lage zu klären. Hier haben wir Ver­säumtes nachzuholen. Wenn wir das Versäumte hier nachholen, ergeben sich mög­licherweise – ich bestreite das nicht – Aspekte für andere Lebensgemeinschaften: zwischen Mann und Mann und Frau und Frau. Aber wir sind in der rechtspolitischen Diskussion und auch in der gesellschaftspolitischen Diskussion insgesamt noch nicht so weit, dies wirklich ordentlich, dogmatisch richtig einordnen und klären zu können.

Ich würde vorschlagen, dass man die Diskussion primär einmal darauf abstellt, wie man diese verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften regelt, und dass man auch überdenkt, ob es notwendig ist, dass Ehegatten, die verheiratet sind, also Mann und Frau, sich wirklich, wenn sie ihre vermögensrechtliche Lage klären oder regeln wollen, dazu entschließen müssen, einen sehr teuren Notariatsakt abzuschließen, denn wir haben im familienrechtlichen Bereich bei den Verheirateten eine Überregu­lierung, wo sie sogar mit einem Notariatsakt nicht mehr zurechtkommen; wir haben aber bei den verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften überhaupt keine Regulierung, obwohl wir sie dort dringend brauchen; und wir haben keine Regulierung für die Gleichgeschlechtlichen, wo wir sie vielleicht in Zukunft einmal brauchen.

Sicher ist, dass man jetzt schon vermögensrechtliche Verträge zwischen Mann und Mann und Frau und Frau abschließen kann, aber – das werden Ihnen alle Rechts­anwender bestätigen – eigentlich kein wirklicher Bedarf diesbezüglich angemeldet wird. In den Anwaltspraxen, in den Notariatspraxen oder auch sonst irgendwo finden Sie eigentlich niemanden, der kommt und sagt: Wir sind Mann und Mann und wollen zusammenleben, oder wir sind Frau und Frau und wollen zusammenleben, bitte schließen Sie einen optimalen Vertrag für unsere vermögensrechtlichen Bedürfnisse und die allfällige Auseinandersetzung für uns ab.

Das heißt, Sie sind, glaube ich, mit diesem Antrag vorgeprescht. Man sollte einmal gesellschaftspolitisch nachholen, was hier nachzuholen ist, nämlich in erster Linie die verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften mit einem ordentlichen Rechts­rahmen vertreten, und dann kann man langsam über die gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften reden. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.00


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Ich erteile es ihr.

 


20.00.29

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Böhmdorfer, es ist schon erstaunlich, dass Sie der SPÖ jetzt vorwerfen, sie sei „vorgeprescht“. Normalerweise hören wir von den Regie­rungsfraktionen immer, wir – also die Opposition, beide Parteien – bringen keine Vor­schläge ein, es gibt keine Vorschläge, es gibt nichts Konkretes. Jetzt bringt die SPÖ einen ganz konkreten Gesetzesvorschlag ein, und dann ist sie wieder „vorgeprescht“. Was also wollen Sie jetzt von der Opposition? – Klar ist das nicht.

Ich bin jedenfalls froh darüber, dass die SPÖ diesen Vorschlag eingebracht hat. Von „Vorpreschen“ kann da wohl nicht die Rede sein, nachdem dieses Thema seit Jahren diskutiert worden ist und es von den Regierungsfraktionen hier noch überhaupt nichts gibt. Daher sage ich der SPÖ einmal danke für diesen Vorschlag, den ich sehr positiv finde. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

 


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