Ich bin mir sicher, sehr viele in diesem Haus reden mit Managern – Geschäftsleitern von Raiffeisen beispielsweise – darüber, wie erfolgreich Raiffeisen in den EU-10 ist. Wo verdienen denn die ihr Geld? Wo expandiert der Markt? – Na in den EU-10 und außerhalb der jetzigen EU-25! Ist das schlecht für Österreich? – Das ist eine super Geschichte! Genau das Gleiche bei der Ersten Österreichischen Bank, bei der OMV, im Bereich der Telekommunikation und, und, und. Also österreichische Firmen haben diese Chance seit dem Fall des Eisernen Vorhangs glänzend genutzt – im Gegensatz beispielsweise zu deutschen Firmen, aus welchen Gründen auch immer.
Bemerkenswert finde ich auch, dass österreichische Firmen in diesen EU-10 absolut willkommen sind. Das sollte für uns auch ein Beispiel sein. Was haben wir uns nicht immer aufgeregt über Überfremdung, fremdes Kapital und so weiter (Abg. Scheibner: Sie haben sich über Überfremdung aufgeregt?), ohne zu fragen, ob der eine oder andere Einwanderer auf Firmenebene nicht vielleicht in Österreich willkommen sein sollte.
Die EU-Erweiterung ist eine beispiellose
Erfolgsstory – auch die kommende EU-Erweiterung um Bulgarien, Rumänien,
Kroatien. Hier sollten wir nicht kleinlich sein, hier sollten wir auf Tempo
drücken, insbesondere was Kroatien betrifft. Österreichische Firmen sind in
diesen Ländern schon hervorragend vertreten, aber sie gehen ein Risiko ein: Sie
haben natürlich darauf gebaut, dass diese Länder nicht früher oder später,
sondern sehr bald Mitglied der Europäischen Union sein werden. Und das betrifft
auch die noch ausständigen Länder des so genannten Westbalkans. Giuliano Amato,
der Vorsitzende der internationalen Balkankommission, hat kürzlich gesagt, die
Bürger wissen gar nicht, wie viele Soldaten wir auf dem Balkan stationieren
müssen – betroffen ist natürlich in erster Linie Bosnien – und wie
viel wir für die dortigen Friedensmissionen bezahlen; vernünftiger wäre es,
dieses Geld in Wirtschaftsentwicklung und eine EU-Integration Südosteuropas zu
investieren. – Vollkommen richtig! Es kostet ein „Schweinegeld“, dort die
Truppen zu stationieren, die mit Mühe und Not den Frieden aufrechterhalten, und
es wäre viel besser, dieses Geld für die Integration dieser Länder – wenn
sie es wollen – in die Europäische Union zu investieren. (Abg. Scheibner:
Aber das eine geht halt nicht ohne das andere!)
Und mutatis mutandis, sage ich hier zum Schluss, gilt das auch für die Türkei. Ich bin absolut dafür, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufzunehmen. Ich wäre absolut dagegen, am kommenden Sonntag, wenn diese Frage anstünde, über einen Beitritt der Türkei jetzt, hier und heute, mit Ja zu stimmen. Da würde ich mit Nein stimmen – ganz klar. Ganz klar erstens, weil es die Aufnahmefähigkeit der Union vollkommen überfordern würde, und zweitens, weil die Beitritts-, oder sagen wir Anpassungsfähigkeit der Türkei nicht hinreichend ausgetestet ist. Aber warum sollen wir uns jetzt über diese Frage echauffieren? Diese Entscheidung wird frühestens in zehn Jahren anstehen, und bis dahin werden wir sehen, wohin sich die Union entwickelt, nicht zuletzt in ihrem Budget, beziehungsweise die Türkei selbst.
Ich finde, den Bürgern ist auch nicht damit geholfen, wenn wir ihnen nach dem Munde reden. Die Bürger Frankreichs haben in ihrer Mehrheit in einem Referendum entschieden, den Verfassungsvertrag für Europa abzulehnen. Das ist ihr gutes Recht. Aber mein gutes Recht ist es zu sagen: Ich halte diese Entscheidung für falsch! Der Verfassungsvertrag hätte mehr Demokratie gebracht, hätte die Funktionsfähigkeit der Union verbessert, hätte last but not least durch den Grundrechtekatalog die Sozialunion, neben der Wirtschaftsunion, befördert.
Die Franzosen haben das abgelehnt. Okay. Jetzt landen wir wieder in Nizza, wo wir schon vorher waren. Der Erfolg ist, dass Präsident Chirac „a lame duck“ ist, wie es in der Diplomatensprache heißt, und nicht nur Chirac selbst, sondern Frankreich insge-