am bisherigen System. In dieser Hinsicht muss, glaube ich, die Europäische Union – alle Verantwortlichen, auch wir – viel flexibler werden und erkennen, dass die Zeit voranschreitet, man lieb gewonnene Dinge nicht ewig haben kann und neu diskutieren muss. Wir sollten deshalb jetzt sehr konzentriert viele Bereiche neu diskutieren, aber die Prioritäten in Ruhe setzen und nicht überhastet Schlüsse ziehen.
Tatsache ist, dass man aus dieser von vielen so genannten Krise auch eine Chance machen kann, eine Chance für ein Europa mit mehr Bürgerrechten, mit mehr Bürgernähe, mit mehr Solidarität und Identität, ohne ungerechtfertigte Sonderstellungen oder gar Subventionsexzesse, ein Europa mit mehr Innovationskraft – auch das wünsche ich mir.
Wir müssen also klarmachen, dass sich Europa auf das konzentrieren soll, was nur Europa tun, leisten kann: die Vertiefung stärken! Europa soll sich jedoch nicht um Dinge kümmern, die das einzelne Mitgliedsland genauso gut oder sogar besser erledigen kann.
Es ist die Erfahrung mit dem europäischen Alltag gewesen, die die viel zitierte Müdigkeit in diesem Europa ans Tageslicht gebracht hat, nämlich zu wenig Transparenz und zu wenig Bürgernähe. Da müssen wir ansetzen, damit dieses Europa und wichtige Dinge wie die Verfassung – da halte ich es mit Klubobmann Scheibner – auch mehrheitsfähig werden. Sie sind es nämlich in vielen Ländern – nicht nur in Frankreich, nicht nur in den Niederlanden – heute nicht.
Meine Damen und Herren! Europa muss sich in dieser Konsolidierungsphase, wie ich es nenne, auch darüber einig werden, wo seine Grenzen liegen sollen, sowohl geographisch als auch institutionell.
Österreich als Mitgliedsland der Europäischen Union wird im ersten Halbjahr 2006 eine ganz wichtige Rolle einnehmen: es stehen wichtige Entscheidungen an. Und ich bin froh, wenn ich hier zumindest großteils ein gemeinsames Vorgehen in Sachen Europapolitik heraushören kann.
Die Finanzfrage sollte nicht nur auf Ebene eines Prozentsatzes oder einer Zahl – Komma null oder Komma null irgendetwas – diskutiert werden! An dieser Feststellung, die wir damals als Erste beziehungsweise als Initiatoren gemeinsam mit fünf anderen Nettozahlern getroffen haben, sollte man zwar festhalten – diese Forderung ist auch heute aktuell –, entscheidend aber ist doch, wie viel Mittel für Forschung und Entwicklung ausgegeben werden, wie viel Mittel für Verkehrsprojekte, die so wichtig sind für die weitere positive Entwicklung der Europäischen Union und ihrer einzelnen Mitgliedsländer. Und schließlich muss auch berücksichtigt werden, wie viel Geld an Österreich zurückfließt.
Ein Nachdenken über ein Ende des Britenrabattes, über ein Aufschnüren des EU-Agrarbudgets, aber auch über Renationalisierungen gerade im landwirtschaftlichen Förderbereich sollte stattfinden, es sollte darüber diskutiert werden!
Meine Damen und Herren, zum Verfassungsvertrag kann ich nur Folgendes zusammenfassen: Wir sollten die Idee der Gründerväter dieses vereinten Europas in Erinnerung rufen und auch umsetzen: ein Europa der Vaterländer mit nationaler Souveränität! – Das ist es, was auch die Bürgerinnen und Bürger wollen. Sie wollen keinen europäischen Bundesstaat mit einer Zentrale in Brüssel oder wo auch immer, sie wollen einen Staatenbund mit einer starken Identität des eigenen Landes, der eigenen Region.
Ziel muss die Etablierung Europas als globaler sicherheitspolitischer, wettbewerbsstarker Akteur sein. Wir brauchen eine Neuordnung von Kompetenzen. Dazu wiederum brauchen wir aber den erwähnten Vertrag, und dazu brauchen wir ein neues, ein föde-