Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 72

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und Herr Staatssekretär auf der Regierungsbank! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen auch im Namen der Grünen Herrn Botschafter Dr. Winkler zu dieser Funktion, die er jetzt als Staatssekretär für die österreichische EU-Präsidentschaft übernommen hat, herzlich gratulieren! Ich kenne Sie als einen sehr erfahrenen, aus­gezeichneten Diplomaten, als einen sehr geschätzten Völkerrechtler, und ich möchte Ihnen hier sowohl persönlich als auch für diese Funktion sehr viel Erfolg wünschen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Das vorangestellt möchte ich aber schon noch anführen, dass wir diese Entscheidung zwar begrüßen, aber gleichzeitig mir wirklich nicht verständlich ist, warum nicht von den anderen sechs Staatssekretären, die es schon gibt und deren Bilanz in der Öffent­lichkeit und auch uns gegenüber nicht sichtbar ist, einer eingespart wurde. Ich möchte außerdem betonen, dass es sich noch dazu um lauter Männer handelt; die Regierung sagt immer, das sei so toll, die Regierung bestehe zur Hälfte aus Frauen und zur Hälfte aus Männern; das stimmt einfach nicht, denn wenn man die Staatssekretäre dazuzählt, dann kippt diese Bilanz.

Notwendig ist diese neue Funktion, dieses Staatssekretariat, diese Unterstützung im Außenamt für die Außenministerin, für die Präsidentschaft. Leider kommt es relativ spät, denn jetzt beginnt schon die Zeit der Troika, die Zeit, in der Österreich gemein­sam mit Großbritannien das alles vorbereitet und auch zusammenarbeitet.

Was mich vor allem stört an der Vorgangsweise, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, ist: Technisch ist ziemlich klar, was alles ablaufen muss, auch orga­nisatorisch. Auf Österreich kommen da wahnsinnige Anstrengungen zu. Das ist die Pflicht – da wissen wir, was zu tun ist. Aber wo ist die Kür? Wo ist das, was Sie, Frau Außenministerin, Sie, Herr Bundeskanzler – vom Staatssekretär werden wir es ja viel­leicht noch hören –, mit dieser Präsidentschaft vorhaben? Wo sind die inhaltlichen Vorgaben, was da gemacht werden soll? Es steht so viel an! Gerade diese Schwä­chung des gemeinsamen europäischen Projektes, die es durch die Nein bei den Refe­renden gegeben hat, ist doch etwas, wo man nicht nur hergehen und sagen kann: Jetzt hören wir einmal zu, was die anderen tun!

Was sind denn Ihre konkreten Vorgaben? Was wollen Sie denn zum Beispiel erreichen mit dem EU-Lateinamerika-Gipfel, der nächstes Jahr stattfinden wird? Da geht es um relativ viel. Da geht es vor allem um die Frage: Will hier Europa Solidarität zeigen mit den ärmsten Bevölkerungsschichten, mit den indianischen Ureinwohnern und Urein­wohnerinnen, mit der indigenen Bevölkerung, mit der ländlichen Bevölkerung, die durch Freihandelsabkommen, die es zum Beispiel im nordamerikanischen Raum schon gibt, ziemlich an den Rand gedrängt worden ist und wo es massive Schwierigkeiten gibt? Will Österreich für diesen EU-Lateinamerika-Gipfel so etwas wie Solidarität be­kunden, oder geht es nur darum, dass man weiter Freihandelszonen errichtet? Das ist nicht die Globalisierung, die hier sehr vieles erschwert, sondern das sind ganz konkrete Maßnahmen, die gesetzt werden. Was wollen Sie bei diesem Gipfel zum Beispiel erreichen?

Oder bei dem EU-USA-Gipfel, der stattfinden soll? Präsident Bush hat zwar bekundet, dass er sich ein starkes Europa wünscht, aber wir wissen, dass insgeheim hier schon so etwas vorliegt wie – nennen wir es so – Schadenfreude darüber, dass dieses Pro­jekt des gemeinsamen Europa geschwächt ist.

Was haben Sie denn vor, bei diesem EU-USA-Gipfel auch gegenüber den Vereinigten Staaten zu präsentieren? Was haben Sie vor, da zu machen? Wo sind diese Vorstel­lungen, wie wir aus dieser Situation des angeblich geschwächten, zumindest verzö­gerten Projektes des gemeinsamen Europa wieder herauskommen? Dazu haben wir leider von Ihnen keine Vorstellungen gehört. (Zwischenbemerkung von Bundesministe-


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