Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 73

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rin Dr. Plassnik.) – Wenn Sie sagen: Zuhören!, Frau Ministerin, dann ist das leider zu wenig. Aber der Punkt, wo es sehr wohl ums Zuhören ginge, findet leider nicht statt. Im Nationalrat, in den Ausschüssen haben wir kaum Debatten zu diesem Thema.

Frau Ministerin! Herr Bundeskanzler! Wir haben ja beschlossen, dass es viermal im Jahr einen Europatag in diesem Parlament geben soll. Das ist sehr zu begrüßen, das ist ein wichtiger erster Schritt. Aber wenn dann beschlossen wird, dass der an dem­selben Tag, an dem das Europaparlament tagt, stattfindet, wodurch die Europaabge­ordneten keine Chance haben, sich hier an der Debatte zu beteiligen, dann muss ich sagen: Das ist ein Schuss ins eigene Knie. Es wäre nämlich notwendig, das gemein­sam zu machen, um auch in der Bevölkerung mehr europäisches Verständnis zu wecken.

Ein anderer Punkt betrifft noch einmal die Frage, was Sie für diese Präsidentschaft vorhaben. Schon x-mal haben wir versucht, das mit Ihnen, Frau Ministerin, in einem EU-Unterausschuss zu debattieren. Vielleicht findet dieser jetzt irgendwann im Herbst statt.

Frau Ministerin, wenn Sie die Funktion der Abgeordneten dieses Hauses als Vermittler und Vermittlerinnen für dieses europäische Projekt, das Ihnen ja ein Anliegen ist, stär­ker nützen wollen, dann ist es auch notwendig, Inhalte intensiver mit uns zu debattie­ren, denn wir sind die, die vermitteln gegenüber all jenen in der Bevölkerung, mit denen wir ständig zu tun haben. Und da kann ich nur sagen: Leider finden solche Debatten viel zu selten statt!

Zum Beispiel zur Dienstleistungsrichtlinie, die heute auch schon erwähnt worden ist. Es hat Monate gedauert, bis dem Wunsch der Grünen, das endlich auch im Nationalrat zu debattieren, nachgekommen worden ist. Es ist der Bevölkerung, aber auch uns völlig unverständlich, wie vertretbar sein soll, dass Menschen aus anderen EU-Staaten in Österreich zu niedrigeren Standards als in Österreich üblich beschäftigt werden sollen und dadurch österreichische Arbeitskräfte verdrängen. Diese Art von Dumping im Sozialbereich – im Umweltbereich gibt es das auch –, von Dumping bei den Standards, für die Europa bekannt ist, das kann es nicht sein, das brauchen wir nicht für dieses gemeinsame Europa! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Daran ist nicht die EU schuld, daran ist nicht die Globalisierung schuld, sondern es sind Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, die diese Positionen in Europa, in Brüssel vertreten. Das ist nicht die EU, das ist nicht ein abstraktes Konglo­merat, sondern das ist die österreichische Bundesregierung, die zum Beispiel immer noch für diese Dienstleistungsrichtlinie eintritt.

Wir Grünen wollen das diskutieren. Wir erwarten uns von Ihnen, dass es hier mehr Debatte gibt und dass nicht weiterhin immer wieder gesagt wird: Europa ist weit weg von uns! – Dieses Europa, diese EU, das ist nicht dort irgendwo, das sind wir hier! Wir sind mitten in diesem Europa drinnen!

Da kann ich nur sagen: Der Entschließungsantrag, der vom Kollegen Spindelegger eingebracht wurde, in dem Sie schreiben, Sie wollen weiterhin nur 1 Prozent des Brut­tonationalproduktes zahlen ... (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Etwa!) – Herr Bundes­kanzler, Sie haben jetzt „etwa“ geflüstert. In diesem Antrag steht dezidiert „1 Prozent“ – keinen Cent mehr! Gleichzeitig wollen Sie aber viel mehr herausbekommen. Wie das gehen soll, das frage ich mich schon. Das ist tatsächlich Kleinkrämerei, europäische Kleinkrämerei, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Kollege Stummvoll erklärt, dass ein europäischer Erfolg dann stattfindet, wenn wir weniger zahlen, dann muss ich Ihnen sagen: Das kann es doch nicht sein! Das ist die Europa-Linie der angeblichen Europa-Partei ÖVP: Wir wollen so wenig wie möglich


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