gleichzeitig eine schrankenlose Erweiterung propagiert. Die Europäische Union hat hier klar einzuhalten, sie hat hier klar ihre Grenzen zu erkennen und auch zu formulieren. Das muss heißen, da kann es nur heißen, meine Damen und Herren der Bundesregierung, Herr Bundeskanzler – Sie, Frau Außenministerin, spreche ich jetzt im Besonderen an, weil der Herr Staatssekretär angekündigt hat, sich nur auf die EU-Präsidentschaft zu konzentrieren –: Keine Beitrittsverhandlungen mit der Türkei!
Ich sage das vor allem Ihnen, Herr Bundeskanzler, weil ich Sie auch bei der Vorbereitung zum Dezember-Gipfel als einen durchschlagskräftigen Politiker erlebt habe, weil ich gesehen habe, dass Sie Positionen Österreichs, die anfangs als aussichtslos gegolten haben, dennoch durchgesetzt haben. Und in diesem Abschlusspapier des Dezember-Gipfels steht klar nachzulesen, dass die Verhandlungen mit der Türkei offen sind, dass es eine so genannte Stopptaste – haben Sie übersetzend gesagt – geben soll, dass also bei Menschenrechtsverletzungen und ähnlichen Vorfällen diese Verhandlungen jederzeit gestoppt werden können.
In diesem Abschlusspapier steht auch, dass es, wenn es zu keinem Beitritt der Türkei kommt, zu einer anderen Variante der Zusammenarbeit, die mit der Union vertraglich festgelegt wird, kommen soll. Diese drei Vorhaben gilt es jetzt auf den Punkt zu bringen, Herr Bundeskanzler und Frau Außenministerin.
Es wird noch im Laufe des Sommers ein Rat
für Allgemeine Angelegenheiten stattfinden, der dieses Procedere noch einmal behandeln
wird. Ich ersuche Sie, dafür einzutreten, dass sich die Europäische Union
dessen bewusst wird, dass die Republik Türkei noch nicht reif dafür ist, dass
man mit ihr in Beitrittsverhandlungen eintritt. Ich ersuche Sie, diesbezüglich
klare Schritte zu setzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Die Ankündigung, eine Volksabstimmung über
einen allfälligen Beitritt der Türkei abzuhalten, ist ja gut und recht –
ich unterstütze das auch –, aber es ist, so glaube ich, nicht der richtige
Weg, dass man, wenn man mit einem Land über viele Jahre hinweg Verhandlungen
führt, ihm sozusagen die Karotte vor die Nase hält, es aber, wenn es dann so
weit sein soll, in einigen nationalen Volksabstimmungen zu einer Ablehnung
kommt. Ehrlicher und fairer wäre es, wenn die Europäische Union a priori sagte:
Die Türkei kann nicht Mitglied der Union werden! Wir bekennen uns dazu und wir
sagen das offen und ehrlich! (Beifall der Abg. Dr. Partik-Pablé.)
Meine Damen und Herren! Der andere Bereich ist der neue Verfassungsvertrag. Die EU-Verfassung, die jetzt gescheitert ist, braucht einen Ersatz. Wir müssen uns darum bemühen, auch hier einen neuen Verfassungsvertrag auf Schiene zu bringen, ihn europaweit zu diskutieren, um sicherzustellen, dass dieses Europa der 25 oder 27 auch funktioniert. Es war der große Wert des Verfassungsvertrages, der erarbeitet worden ist, dass er diese Funktionsfähigkeit tatsächlich sichergestellt hat. Es wird auch eine wesentliche Aufgabe der österreichischen Präsidentschaft sein, dass dieser Verfassungsvertrag diskutiert und dann von vornherein gesagt wird, dass er einer plebiszitären Entscheidung unterworfen werden wird.
Sie haben heute wieder von einer europaweiten Volksabstimmung geredet. Herr Bundeskanzler, ich begrüße das, aber eine europaweite Volksabstimmung kann nicht die nationalen Kompetenzen ersetzen. Wir können nicht einen europaweiten Wahlkreis haben, in dem quasi ein Verfassungsvertrag akzeptiert wird, der aber gleichzeitig in einem Land wie Österreich eigentlich abgelehnt wird. Dann ist es schwierig, den Bürgern dieses Landes zu erklären, warum der Verfassungsvertrag dennoch in Geltung kommt. Also kann eine europaweite Volksabstimmung nur in Zusammenhang mit einem nationalen Plebiszit gesehen werden. Deshalb sollten wir auch das offen sagen, deshalb sollte auch das Inhalt der österreichischen Präsidentschaft sein, dass eben die Menschen in Europa in dieser Frage Klarheit haben.