Herr
Staatssekretär Winkler, viel Erfolg im Sinne einer europäischen Entwicklung!
Das kann man und muss man einmal in dieser Auseinandersetzung – auch
oppositionellerseits – festhalten, aber: welche europäische Entwicklung?
Kommen
wir zur gegenständlichen Erklärung des Herrn Bundeskanzlers. Dieser hat –
nicht ganz zu Unrecht – die Frage des Wirtschaftssystems ins Zentrum
seiner Ausführungen gestellt; soziale, ökosoziale Marktwirtschaft hat er
wieder vordekliniert, das „Mantra“ der ÖVP. – Okay. (Zwischenruf bei der
ÖVP.)
Schauen
wir uns die Entwicklungen in der Europäischen Union auf diesem Gebiet an –
und ich füge hinzu, dass das nicht nur dann, wenn es Versäumnisse gibt, eine
Sache der Union alleine sein kann, sondern auch der mitentscheidenden
Mitgliedsstaaten. Das ist eben ein Dilemma, Politik mit so vielen Staaten zu
organisieren. Das muss man zwar zugeben, aber trotzdem auch festhalten, wo es
Fehlentwicklungen gibt. Wenn wir von Marktwirtschaft reden, muss klar sein,
dass es eines steuernden Staates – im besten Sinne – bedarf.
In den
hier apostrophierten Themen Agrarpolitik, Verkehrspolitik oder auch
Sozialpolitik gibt es ein gigantisches Versagen und eine gigantische
Fehlsteuerung, die teilweise politisch herbeigeführt wurde. Und da ist der
Hebel anzusetzen. Agrarfabriken? – Ja, das gibt’s; schlimmer noch: die
Exportsubventionen. Es ist eine Tatsache, dass der Großteil der EU-Förderungen
und damit des EU-Budgets in diese falsche Landwirtschaftssteuerung geht. Das
ist nun einmal so, sollte jedoch anders sein. Das Hauptproblem ist nicht
einmal, dass da viel zu viel Mittel hineinfließen, sondern das Hauptproblem
ist, dass es in die völlig falschen Kanäle geht. Wir Grünen würden sehr wohl
eine vernünftige Entwicklung und Unterstützung des ländlichen Raumes – ich darf mir diesen Begriff
ausborgen – ansteuern. Das bedarf aber, wie Sie wissen, einer anderen
Agrarpolitik.
Immerhin
mehr als die Hälfte der Bevölkerung Europas lebt im so genannten ländlichen
Raum, und da wird es ja wohl erlaubt sein – darauf sind aber die Antworten
schneller zu geben als erst wieder in sieben oder zehn Jahren –, diese
Dinge zu hinterfragen. Ob man das ausgerechnet einem Tony Blair abkaufen soll,
ist eine andere Frage, aber sie ist trotzdem richtig gestellt. Da sollten wir
jedenfalls nicht kleinlich sein, sondern den Navigator richtig ausrichten.
Nächster
Punkt: die Frage Verkehr, eine zentrale Frage in der Wirtschaftspolitik. Wir bräuchten uns viel
weniger Gedanken machen um regionale Wirtschaftspolitiken oder Ähnliches mehr,
wenn der LKW-Güterverkehr auch nur annähernd jene Kosten tragen würde, die er
in Wirklichkeit verursacht. Aber nein: Die Europäische Union samt ihren
Mitgliedsstaaten ist Vorreiter dafür, dass dem LKW-Verkehr nur ja nicht jene
Kosten, die er verursacht, angelastet werden, und zwar in der Gegenwart gegen
die Umwelt und auf Kosten zukünftiger
Generationen! Eine gigantische Fehlsteuerung, die Europa, die die Europäische
Union mitzuverantworten hat! – Zeit also zum Gegensteuern, wenn wir schon
von Wirtschaftspolitik reden. (Beifall bei den Grünen.) – Dass sich
die Beiträge Österreichs dazu eher in bescheidenem Maße ausgewirkt haben, nur
als Randbemerkung.
Noch
dramatischer wirkt sich das Versagen einer koordinierten europäischen Politik
in der sozialen
Frage aus. Diese
ist als solche zu stellen. Natürlich ist es zwangsläufig so, dass, wenn es nur
in Fragen der Währungs- und Finanzpolitik strenge Harmonisierungsregeln gibt,
auf allen anderen politischen Ebenen Dumping nach unten passiert. Wir manövrieren uns sehenden Auges in einen Prozess – ich
behaupte: manche machen das absichtlich –, in einen Wettlauf nach unten, wovon sich einzelne Regierungen
gar nicht mehr befreien können, weil eben dann die Konzerne dorthin ziehen, wo
man schon mit dem größten Subventions- oder Steuernachlasstopf wartet.