Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 99

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Gebärdensprache zu und setzen mit dieser unserer Zustimmung den Schlusspunkt einer langjährigen Diskussion, die von sehr vielen Auseinandersetzungen geprägt war.

Zum Behindertengleichstellungsgesetz gab es eine europäische Richtlinie, die bis zum Jahr 2003 umgesetzt werden sollte. Es gab inzwischen Vier-Parteien-Entschließungs­anträge und sehr viele Bemühungen, sehr viele Initiativen von engagierten Interessen­vertreterinnen, Interessenvertretern, Politikerinnen und Politikern, Juristinnen und Juris­ten. Es gab einen sehr engagierten Vorentwurf von Seiten des Ministeriums, der im Rahmen der Begutachtung sehr viele Zähne verloren hat.

Worum geht es? – Behinderte Menschen in unserer Gesellschaft erleben Barrieren, werden ausgeschlossen, erreichen Einrichtungen nicht, erreichen Gebäude nicht, er­reichen verschiedene Darstellungen im Internet nicht. Hier gilt es, die Gleichstellung zu vollziehen, die Gleichstellung im rechtlichen Rahmen herbeizuführen.

Die Regierung hat sich mit der heute vorliegenden Regierungsvorlage und den Abän­derungsanträgen bemüht. Das will ich ihr nicht absprechen. Dennoch wurde nicht ge­nug Kraft aufgewendet, um behinderten Menschen eine Gleichstellung zu ermöglichen, um behinderten Menschen die Bürgerinnen- und Bürgerrechte zu gewähren.

Um wie viele Personen geht es in Österreich? – 800 000 Menschen in Österreich sind behindert und werden behindert. Sie haben auch sehr viele Angehörige, Freundinnen und Freunde, Bekannte. Die Lebenssituation ist davon geprägt, dass man sich genau überlegen muss, wie man seinen Tag gestaltet, welche Möglichkeiten und welche Zugänge man hat.

Im Bildungsbereich zum Beispiel ist die Integration an den österreichischen Schulen zwar gesetzlich geregelt, doch schaut die Ausgestaltung der Integration von Bundes­land zu Bundesland verschieden aus. Hier gibt es sehr große Barrieren. Dazu gibt es in diesem Behindertengleichstellungsgesetz kein einziges Wort, und das ist sehr schade. Sie haben hier eine Chance versäumt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Brinek: Die Schulmaterie findet sich in den Schulgesetzen!)

Das Gegenteil ist der Fall! Bei einem Abänderungsantrag im Verfassungsausschuss haben Sie jetzt auch herausgenommen, dass die Universitäten die Barrierefreiheit erreichen sollten. Auch da haben Sie eine Chance verpasst und hat Ihre Kraft nicht gereicht.

Wie schaut es mit dem Abbau von Barrieren, von räumlichen Barrieren in unserer Ge­sellschaft aus? – Es geht um die Erreichbarkeit von Bankomaten, von Geschäften, von Einrichtungen, von Ämtern und des Internets. Die Zugänge müssen für Rollstuhlfahre­rinnen und Rollstuhlfahrer, für blinde Menschen, für gehörlose Menschen unterschied­lich gestaltet werden. Hier ist sehr viel Know-how, Fingerspitzengefühl und Initiative erforderlich. Im Gleichstellungsgesetz haben Sie zwar festgeschrieben, dass der Ab­bau von Barrieren ermöglicht werden soll, zugleich aber auch, dass das erst an einem sehr fernen Tage im Jahr 2015 passieren soll. (Abg. Dr. Brinek: Das stimmt so nicht! Es geht darum, dass das bis dahin spätestens erledigt sein soll! Es geht um eine stufenweise Umsetzung!) Hier haben Sie die Kraft nicht gehabt.

Ein weiterer Punkt unserer Kritik betrifft die Verbandsklage. Behinderte Menschen ha­ben keine große Lobby, haben auch meistens keine sehr großen Portemonnaies, mit denen sie sich Recht verschaffen und Juristen engagieren können. Die Verbandsklage gibt Vereinen die Möglichkeit, behinderte Menschen zu unterstützen. Hier haben Sie eine so komplizierte Formulierung eingebaut, dass der Weg aufs Salzamt für behin­derte Menschen wahrscheinlich leichter wird als der Weg über die Verbandsklage. (Abg. Dr. Brinek: Das stimmt auch nicht! Das stimmt nicht!)

 


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