Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 113

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Zu 5.:

Wesentlich für einen effektiven Diskriminierungsschutz ist eine für Diskriminierungs­opfer zumutbare Rechtsdurchsetzung. Dabei bildet die Überschaubarkeit und Begren­zung des Prozesskostenrisikos einen maßgeblichen Aspekt.

Aus diesem Grunde wird mit der vorgeschlagenen Änderung das Prinzip der grund­sätzlichen Kostentragung durch den Beklagten – mit der Einschränkung der Prozess­kostenüberwälzung auf den Kläger nach Billigkeit bei gänzlichem Unterliegen – und die gleichzeitige Streitwertbegrenzung implementiert.

Gerade die Streitwertbegrenzung soll gewährleisten, dass das Prozesskostenrisiko auch für den grundsätzlich prozesskostentragenden Beklagten in einem zumutbaren Rahmen gehalten wird.

Zugleich soll auch die Anrufungsmöglichkeit des Obersten Gerichtshofes in den ge­genständlichen Diskriminierungsangelegenheiten, abweichend von den sonst einzu­haltenden sehr restriktiven Voraussetzungen der ZPO, möglichst großzügig gefasst werden, um der insb. anfangs notwendigen näheren inhaltlichen Interpretation und Ausgestaltung des Diskriminierungsschutzes für behinderte Menschen im Wege der Judikatur möglichst weiten Raum zu lassen.

Zu 6.:

Durch die vorgeschlagene Textierung der Beweislastregel soll in Entsprechung des bislang im Antidiskriminierungsrecht der Europäischen Union vorgesehenen Grundsat­zes einer Beweislastumkehr – siehe z.B. Art. 10 der Richtlinie des Rates der EU zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf 2000/78/EG – eine derartige Beweislastumkehr in § 12 des Behindertengleichstellungsgesetzes normiert werden.

Wenn sich also Personen durch die Nichtbeachtung des Gleichbehandlungsgrundsat­zes für verletzt halten und bei einem Gericht Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung wegen einer Behinde­rung vermuten lassen, obliegt es dem Beklagten zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat.

Das Institut der Beweislastumkehr soll auch in Entsprechung der Umsetzung der Rah­menrichtlinie 2000/78/EG in die Bestimmung des § 7p Behinderteneinstellungsgesetz Eingang finden.

Zu 7.:

In Angelegenheiten der Behindertengleichstellung und Gleichbehandlung von Men­schen mit Behinderungen, die weitestgehend neue Rechtsbereiche darstellen, wird eine zielorientierte und effiziente Rechtsdurchsetzung wesentlich sein.

Mit der Einräumung eines Verbandsklagerechtes an einschlägig auf diese Themen spezialisierte Verbände sowie für Organisationen, die bereits seit vielen Jahren Erfah­rung mit Verbandsklagen haben, soll gewährleistet werden, dass es zu keiner Klagsflut kommt, sondern mit zielorientierten Musterprozessen strittige Rechtsfragen einer Lösung zugeführt werden. Dass ein Verbandsklagerecht in diesen Rechtsbereichen eher selten in Anspruch genommen werden muss, sondern es in der Regel zu außer­streitigen Lösungen kommt, zeigen die gleichartigen Vorbilder in Deutschland und der Schweiz.

Gerade der Behindertenanwalt ist speziell mit Fragen des Diskriminierungsschutzes und der Wahrung der Rechte von Diskriminierungsopfern betraut; deshalb erscheint es zweckmäßig, diesen Experten als Nebenintervenienten und damit als fachkundige


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite