Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / Seite 57

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Zum Zweiten: Es ist natürlich nicht zu leugnen, meine Damen und Herren, dass in vielen Fällen auch die Zahl jener Menschen angestiegen ist, die Asyl für sich reklamieren, obwohl ihnen kein solches zusteht. Auf Grund dieser widrigen Verhält­nisse in der Asylpolitik und durch gewisse Strukturen der organisierten Kriminalität, die da entstanden sind, ist auch die Kriminalität in der Gruppe der Asylwerber gestiegen, wobei die widrigen Lebensumstände dieser Menschen dies oftmals geradezu erzwun­gen haben. Das ist ein Faktum, meine Damen und Herren, an dem niemand vorbeikommt, und dieser Umstand hat in den letzten Jahren die Beunruhigung inner­halb der Bevölkerung mehr und mehr ansteigen lassen.

Zum Dritten: Derzeit haben wir rund 28 000 offene Asylverfahren. Das sind, Hohes Haus, aber auch 28 000 Menschenschicksale, ungewisse Menschenschicksale, und diese Situation machen sich leider auch kriminelle Organisationen zunutze, sodass die Gefahr einer fremdenfeindlichen Stimmung in der Bevölkerung wächst. Und das, meine Damen und Herren, gilt es unbedingt zu verhindern, und zwar nicht nur durch Worte, sondern auch durch entsprechende Maßnahmen.

Auf Grund dieses Debakels – Erkennntis des Verfassungsgerichtshofes – musste die Regierung nachsitzen. Und statt einer Reparatur wurde ein neues Gesetz entwickelt, weil das alte offensichtlich nicht mehr reparabel war.

Allerdings war unsere Enttäuschung groß, als Sie, Frau Innenministerin, den ersten Entwurf vorgelegt haben. Der Aufschrei bei den NGOs, beim UNHCR war vollkommen berechtigt, und wir von der SPÖ konnten ja mehr als 40 – übrigens der Verfas­sungsdienst des BKA auch – Verfassungsverletzungen nachweisen. (Abg. Dr. Spin­del­egger: Zuerst waren es gerade noch 50!)

In dieser schwierigen Ausgangssituation hat sich die SPÖ im Sinne der öster­reichischen Staatsbürger, aber auch im Sinne der Asylwerber dazu entschlossen, in Verhandlungen mit der Regierung einzutreten, um einen neuen und vernünftigeren Gesetzestext zu erreichen.

Uns ging es um vier Punkte, die ich jetzt nochmals klarstellen möchte: Die SPÖ wollte ein Gesetz, das auf eine wesentliche Beschleunigung der Verfahren abzielt. Es musste zum Zweiten auch eine brauchbare Grundlage zur Bekämpfung des Asylmissbrauchs erreicht werden. Zum Dritten muss das Gesetz grundrechtskonform sein und den Men­schenrechten entsprechen und vor allem – viertens – auch unserer Verfassung. – Die­se Vorgaben konnten nach monatelangen Verhandlungen letztendlich erfüllt werden.

Hohes Haus! Wir haben verantwortungsbewusst gehandelt. Andere, Herr Profes­sor Van der Bellen, vornehmlich die Grünen, haben sich von vornherein auf eine Rolle der Besserwisser und der unkonstruktiven Kritiker festgelegt. (Abg. Scheibner: Dass ihr das einmal merkt!) Das ist die Rolle, die Sie selbst gewählt haben – und Ihre Taferldemonstration hat das ja eigentlich bewiesen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Weil Sie vergessen haben, wie das zugegangen ist!) Sie hätten lieber in Kauf genommen, meine Damen und Herren, dass alles so geblieben wäre, wie es in diesem Regierungs­entwurf vorgeschlagen war: mit all den Verfassungswidrigkeiten und den Verschärfun­gen. Das war für uns keine Lösung! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! In diese wesentliche Materie nicht einzugreifen und dann vielleicht von einer etwas abgehobenen Warte aus das Ergebnis zu bekritteln, war nicht Auftrag und auch nicht Sache des SPÖ-Verhandlungsteams. Wir haben im Ver­gleich zu den Regierungsvorstellungen ein besseres, ein menschlicheres, ein gerech­teres Gesetz erreicht.

Hohes Haus! Ich will nicht verhehlen, dass wir eine andere Vorgangsweise gewählt hätten, dass wir es anders versucht hätten, aber wir standen vor der Alternative, das


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