Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / Seite 80

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Vor zwei Jahren ist auch darauf hingewiesen worden, dass sich offenbar im Verlaufe der neunziger Jahre Entscheidendes verändert hat. Die Asylwerberzahlen sind massiv angestiegen. Auch damals ist darauf hingewiesen worden, dass wir im Vergleich der europäischen Länder an der Spitze stehen, was die Anzahl der Asylanträge betrifft. Bereits damals wurde die Diagnose gestellt, dass das wohl nicht mehr als Asyl im engeren Sinne betrachtet werden kann, sondern dass unter dem Titel „Asyl“ offenbar eine massive Einwanderungsbewegung nach Europa stattfindet. Zum Zweiten wurde festgestellt, dass sich auch die organisierte Kriminalität dieses Instruments, Aufenthalt im wohlhabenden Europa zu bekommen, bemächtigt hat.

Das kann man auch für heute nur bestätigen, wenn man sich die Zahlen anschaut und die Länder nach der Anzahl derer reiht, die Asylanträge stellen: So steht Serbien-Montenegro an der Spitze, ohne dass dort erkennbar politische Ereignisse stattfänden, die Fluchtgründe nahe legten. Das Herkunftsgebiet der zweitgrößten Gruppe ist die Rus­sische Föderation, dann schon Indien, die größte Demokratie der Welt, dann die Türkei, die sich um einen Mitgliedstatus in Europa bemüht. Ganz offenkundig stimmt der Schluss, dass es sich hier auch im weitesten Sinne nicht mehr um Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention handelt, sondern um Einwanderer, die unter diesem Titel zu uns kommen.

Auch der Schluss, den heute die Frau Innenministerin gezogen hat, dass es nämlich notwendig ist, eine saubere Trennung durchzuführen zwischen dem Schutz vor Verfolgung im Asylgesetz und dem Ausschließen all jener, die aus anderen Gründen zu uns kommen, ist absolut richtig. Damals wurde behauptet, dass mit dem vorlie­genden Gesetz all dies geleistet werden könne.

Wenn ich die heutige Debatte verfolge, muss ich sagen: Es ist eigentlich alles gleich geblieben. Die Zahlen sind in Gesamteuropa etwas gesunken, wie Klubobmann Molte­rer gesagt hat. Da das Dublin-Verfahren nun auch für die neuen Länder der EU gilt, haben sich also die Probleme etwas entschärft. Österreich steht nach wie vor an der Spitze. Die Herkunftsländer sind Länder, in denen keine politische Ereignisse stattfin­den, die Asylgründe liefern könnten.

Es ist ein Déjà-vu-Erlebnis: Es hat sich seit damals nichts geändert, obwohl damals beteuert worden ist, es sei jetzt ein taugliches Instrument geschaffen worden, das die Probleme löst und das Asyl tatsächlich den Schutzbefohlenen nach der Genfer Flüchtlingskonvention vorbehält.

Auch das vorliegende Gesetz wird präsentiert, indem man behauptet: Jetzt haben wir das Problem gelöst! – Die Botschaft höre ich wohl, allein ich kenne die Gesetzes­vorlage und erlaube mir daher, daran zu zweifeln, dass es diesmal gelingt. (Abg. Neudeck: Aber ein Schritt in die richtige Richtung ist es schon!)

Dies aus zwei Gründen: Erstens, weil wieder diese Trennung nicht sauber vollzogen ist – ich werde das dann gleich an einem Paragraphen beweisen – und zum Zweiten, weil wir nach wie vor massive Anreize aussenden, gerade zu uns zu kommen. Das ist angesichts der Arbeitsmarktlage ein sehr bedauerliches Versäumnis.

Ich frage mich auch, warum man es sich auflädt, umstrittene Regelungen, die erst am Ende eines langen Prozesses greifen, nämlich wenn bereits Schubhaft verhängt wird, in ein Gesetz einzubauen, die – ohne die Zahl zu unterschätzen – nur relativ wenige Per­sonen – etwa 1 000 – betreffen. Zu diesem Zeitpunkt sind nämlich meistens schon viele Jahre vergangen, viel an Steuergeldern in den Prozess hineingeflossen.

Zugleich verzichtet man darauf, in höchst komfortabler Weise, im Einklang mit inter­nationalen Regelungen, im Einklang mit europäischen Richtlinien, Maßnahmen zu setzen, die schon von vornherein die Inanspruchnahme von Asyl ausschließen –


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