Die Regierungsfraktionen stehen
selbstverständlich hinter dem vorliegenden Antrag, und ich glaube auch, dass es
falsch ist, darüber zu behaupten, dass im Justizministerium ein seit 1946 ununterbrochen in
Gültigkeit befindliches Gesetz „gefunden“ worden sei.
Ich frage mich schon, auf der anderen Seite: Was sind das für Wissenschaftler, die diesen Fragenkomplex seit 1933 bis zum Jahre 2000 herauf bearbeitet und aus ihrer Sicht erläutert haben, die aber wichtige Amnestiegesetze in ihren Betrachtungen einfach nicht berücksichtigt haben? – Ich glaube, dass da durchaus die berechtigte Frage zu stellen ist, ob der eine oder andere die wissenschaftliche Sorgfalt für seine Expertisen tatsächlich so umfassend wahrgenommen hat, wie man sich das bei der Wissenschaftlichkeit und bei wissenschaftlichen Kriterien, die man an Expertisen anzulegen hat, auch erwarten kann.
Tatsache ist, dass die von Kollegin Stoisits und von Ihnen, Herr Kollege
Jarolim, apostrophierten Deserteure durch das Gesetz und durch die
Amnestiegesetze voll umfasst sind. Tatsache ist auch, dass die etwa 1995 erst
in den Kreis der Opfer mit aufgenommenen Zeugen Jehovas in gleicher Weise
drinnen sind wie viele andere kleine Gruppen, die nicht expressis verbis
aufgezählt sind.
Wir
haben, Herr Kollege Jarolim und Frau Kollegin Stoisits, tatsächlich einen
großen Unterschied in unseren Auffassungen: dass nämlich Opfer und das Leid der
Angehörigen mit den Opfern und die Trauer um die Angehörigen, die Opfer
geworden sind, für uns unteilbar sind, während Sie offensichtlich ideologische
Schranken haben und hier Opfer erster, zweiter und dritter Wahl vorsehen. Das
wollen wir nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der
ÖVP.)
Es soll
auch hier in dieser Form klargestellt werden, was uns unterscheidet und was uns
hier daher auch zu einem unterschiedlichen Gesetzestext geführt hat.
Es ist mir auch nie – und Sie können auch die seinerzeitigen
Debattenbeiträge in den neunziger Jahren hier im Hohen Haus nachlesen – in
Erinnerung zu bringen, was es für meine Familie für eine Bedeutung haben sollte
und was es in der Trauer unserer Familie um unsere Verwandten für einen großen
Unterschied machen sollte, ob zwei jüdische Verwandte meiner Familie vor dem
Mai 1945 von den Nationalsozialisten umgebracht worden sind oder ob sie im
Juni 1945 von den Beneš-Schergen umgebracht worden sind. Der Schmerz in der Familie ist der
gleich starke um den Verlust der gleichen Personen geblieben. Ich glaube daher
auch, dass man sich in Anbetracht der aus dem Umgang mit Opfern und mit
Opfergruppen gewonnenen Erfahrung hüten sollte – gerade 60 Jahre nach
Ende des Zweiten Weltkrieges –, die Leiden, den Schmerz und den sehr
subjektiven Schmerz der einzelnen Angehörigen aus dieser Zeit sehr unterschiedlich
zu gewichten und sehr unterschiedlich festzustellen.
Ich hätte mir – und das sage ich auch klar – daher eine andere Staffelung vorgestellt. Ich hätte mir vorgestellt, die Staffelung gleich zu machen, wie es im österreichischen Sozialsystem üblich ist, nämlich die Zahlungen so zu gestalten, dass die Opfer 100 Prozent der Leistungen bekommen und die Hinterbliebenen – so, wie es im Sozialsystem üblich ist – zwei Drittel der Leistungen. Dann hätte das auch die Symmetrie mit den übrigen Sozialleistungen in Österreich aufgewiesen. Man hat sich jedoch an die Staffelungen der Vergangenheit angelehnt und hat daher eine andere Staffel festgelegt. Das mag für die betroffene Gruppe durchaus Sinn machen; im Hinblick auf die Integration des österreichischen Sozialsystems und die Integration und die Angleichung, die auch im Zusammenhang mit den Pensionszeiten Gegenstand der Diskussion und Wunsch aller vier Parlamentsfraktionen war, wenn ich die Diskussionen richtig verfolgt habe, haben wir hier einen Fremdkörper beibehalten – eine Angelegenheit, die man aus verwaltungsökonomischen Gründen auch gescheiter lösen