Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 120. Sitzung / Seite 23

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Ich bitte daher, dass wir uns um 14 Uhr im Sitzungssaal einfinden. Es wird vom Fernsehen live übertragen. Ich glaube, es ist gut, dass wir Simon Wiesenthal auf diese Weise ehren und ihm Rechnung tragen. Leider können wir ja bei der Verabschiedung, die um 15 Uhr auf dem Zentralfriedhof stattfindet, nicht dabei sein, aber ich glaube, auch auf diese Weise erweisen wir ihm Respekt und Anerkennung.

Ich unterbreche die Sitzung bis 14 Uhr.

Die Sitzung ist unterbrochen.

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11.03.48(Die Sitzung wird um 11.04 Uhr unterbrochen und um 14.05 Uhr wieder aufge­nom­men.)

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Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich bitte die Damen und Herren des Hohen Hauses, sich von ihren Sitzen zu erheben. (Alle Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

14.05.08 Trauerkundgebung anlässlich des Ablebens von Dipl.-Ing. Simon Wiesenthal


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Gestern hat uns die Nach­richt vom Tod Simon Wiesenthals erreicht. Ein großer Humanist, ein Kämpfer für Recht und Gerechtigkeit hat uns verlassen. Je nach dem eigenen Standpunkt erhielt Simon Wiesenthal viele Beinamen: „Gewissen des Holocaust“, „Mann des Friedens“, „Nazi-Jäger“, „Mann der Versöhnung und Gerechtigkeit“, „unermüdlicher Kämpfer gegen das Vergessen“, „Aufklärer und Humanist“.

Heute dokumentieren wir hier im Hohen Haus, dass wir Simon Wiesenthal für sein Lebenswerk dankbar sind. Der ganze Nationalrat zollt ihm Anerkennung und Respekt.

Sein Leben war vom Kampf um Gerechtigkeit und nicht von Hass und Vergeltung geprägt. Stets kämpfte er gegen die These von der Kollektivschuld eines ganzen Volkes für die Verbrechen des Nationalsozialismus. Sein Grundsatz war stets: Es ist der einzelne Mensch, der schuldig ist, das Individuum.

Sein Leiden, sein schweres Schicksal, die Ausrottung seiner ganzen Familie – von 90 Personen –, sein Leidensweg durch zwölf Konzentrationslager des nationalsozialis­tischen Verbrecherstaates haben ihm seine Humanität und seine Menschlichkeit nicht geraubt.

Heute würdigen und ehren wir ihn alle. Das war nicht immer so. Simon Wiesenthal hat durch sein Wirken schmerzhaft dazu beigetragen, dass wir Österreicherinnen und Österreicher ehrlicher mit unserer Geschichte und unserer Verantwortung umgehen. Dass wir heute zu dieser Verantwortung stehen, meine Damen und Herren, ist auch sein Werk.

Simon Wiesenthal war vom Gedanken der Gerechtigkeit geprägt. Er hat daher Öster­reich und Österreicher immer wieder vor Pauschalverurteilungen geschützt. Und er hat eine Vereinnahmung von politischen Gruppen oder Interessengruppen, eine Instru­men­talisierung nie zugelassen.

 


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