Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 120. Sitzung / Seite 53

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ist. Die Finnen beispielsweise kennen so etwas überhaupt nicht: In Finnland gibt es keine Klassenschülerhöchstzahl, dort gibt es keine Teilungsziffern. Die entscheiden das völlig autonom an den Schulen und haben im Durchschnitt, Frau Dr. Glawischnig, im Übrigen ein schlechteres Lehrer/Schüler-Verhältnis, als wir es in Österreich haben.

Und ein Letztes möchte ich noch sagen, weil ja unter anderem auch jener brutale Vorfall an einer Schule ein wenig Anlass dazu ist, und man sollte das auch nicht außer Acht lassen. Ich glaube aber, dass wir hier alle gemeinsam aufgefordert sind, sicher­zustellen, dass derartige Vorfälle nicht passieren. Es reicht nicht, die Lehrerinnen und Lehrer mit dieser Problematik alleine zu lassen, sondern es beginnt im Elternhaus, und das geht dann sehr weit. Ich möchte hier ein Beispiel aufzeigen – ich nenne die Firma nicht, aber ich denke, man sollte es kritisch betrachten –: Ich habe hier einen Katalog, in dem es um Snowboard-Kleidung geht. (Der Redner zeigt einen aufgeschlagenen Katalog.) Es ist eine österreichische Firma, ein österreichisches Unternehmen, das hier Gewaltszenen mit Maschinengewehren darstellt. Es werden Gewaltszenen an Schulen dargestellt, wo das Blut nur so spritzt. – Ich halte das für höchst problematisch, und ich werde persönlich auch mit dieser Firma, mit diesem Unternehmen in Kontakt treten, damit eine derartige Werbung nicht Platz greift.

Was ich sagen will, ist: Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe! Es ist nicht die Aufgabe eines einzelnen Lehrers, eines Schulstandortes (Abg. Scheibner: Schon auch! Auch!) oder der Schulpsychologie im Bildungsministerium. Das ist eine allgemeine gesell­schaftliche Verantwortung, meine Damen und Herren, die wir jedenfalls auch wahrneh­men sollen.

Reden wir insgesamt das Bildungssystem nicht schlecht! Ich glaube, wir erweisen dem Bildungssystem, den österreichischen Universitäten, aber auch der guten dualen Berufsausbildung keinen guten Dienst, wenn wir ständig nur von der Akademisierung reden. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) – Herr Präsident, ich komme zum Schlusssatz. – Wenn Sie sich nämlich heute jene Länder, die in der PISA-Studie vor uns liegen, wie Finnland, wie Korea, wie Taiwan ansehen, dann werden Sie fest­stellen, dass diese heute davon reden, ein berufsbildendes Schulwesen einzuführen, weil sie nicht mehr wissen, wohin mit den vielen Akademikern. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner. – Abg. Rädler: Das war die Wahrheit!)

15.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.24.11

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich anschaut, wie über das öster­reichische Bildungssystem in internationalen Studien geurteilt wird, dann gibt es zwei mögliche Zugänge: Man setzt sich mit diesem Status auseinander, egal ob er ein gutes oder ein schlechtes Zeugnis ausstellt, oder man hat den Zugang der selektiven Wahrnehmung, wie ihn die Frau Bundesministerin hat, und nimmt eine internationale Studie immer dann, wenn sie gut für sie ausgeht – und wenn es ein schlechtes Zeugnis gibt, dann ist diese Studie entweder wertlos oder unwissenschaftlich oder nicht legitim.

Genau diese Art der Wahrnehmung führt dazu, dass die Frau Bundesministerin seit geraumer Zeit alle Probleme, die das österreichische Schul- und Bildungssystem auf­weist, einfach negiert: denn jeder, der irgendeinen Missstand feststellt – sei es ein Abgeordneter im Hohen Haus, sei es die Zukunftskommission, sei es eine inter­nationale Institution oder seien es die betroffenen LehrerInnen, SchülerInnen oder Eltern –, all die „irren“! Die Zielsetzung von Frau Bundesministerin Gehrer ist nämlich: Niemand, der eine österreichische Schule verlässt, soll klüger sein als sie selbst! – Das


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