Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 49

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bures. Gesamtrestredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.07.50

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, als Sie sich heute zu Wort gemeldet hatten, war ich schon sehr froh, dass Sie in Ihren Ausführungen nicht wieder, so wie gestern, in verbale Entgleisungen abgeglitten sind. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Eine Entschuldigung ist noch ausstehend, das sehe ich auch so. Aber ich war nicht sehr froh, Herr Bundeskanzler, dass Sie auch heute wieder bewiesen haben, dass Sie Realitäten verweigern, nämlich Realitäten wie die Erwartungshaltungen, die die Öster­reicherinnen und Österreicher in ihre Bundesregierung, aber auch in die Europäische Union haben.

Die Erwartung der Österreicher in die Europäische Union ist die, dass das nicht nur eine Wirtschaftsunion, sondern auch eine Sozialunion ist. Die Österreicherinnen und Österreicher wollen ein Europa der Menschen und nicht ein Europa der Konzerne. Die meisten Menschen wollen auch, dass sich Europa jetzt vertieft und verfestigt, und nicht, dass es neuerliche Erweiterungen innerhalb der Europäischen Union gibt. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.)

Ich weiß, Sie regieren über die Köpfe der Bevölkerung hinweg, daher wissen Sie nicht, was die Menschen wollen. Die meisten Menschen wollen ein soziales Europa, in dem die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit oberste Priorität hat, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Kein sozialistisches Europa!)

Sie negieren die Erwartungshaltungen der Menschen in Ihrer Innenpolitik und negieren sie in der Europapolitik. Diese Bundesregierung erfüllt diese Erwartungshaltungen nicht, daher braucht man sich auch nicht zu wundern, dass so viele Menschen der Europäischen Union sehr kritisch gegenüberstehen, ihr mit hoher Skepsis begegnen. Weder die österreichische Bundesregierung noch die Europäische Union hat als oberste Priorität die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Anhebung des Wirt­schaftswachstums!

Herr Bundeskanzler! Kollege Molterer hat heute gesagt, die Kritik an der Europäischen Union sei auch darauf zurückzuführen, dass viele Dinge auf Europa abgeschoben werden, die aber in nationaler Verantwortung liegen. – Das ist ein Vorwurf, den man vor allem gegen Sie richten muss. Sie schieben permanent Verantwortung ab auf die Globalisierung, auf Europa und nehmen Ihre eigene Verantwortung, die Sie hier in Österreich haben, eben leider nicht wahr. Das ist das Problem, vor dem wir stehen!

Wir können es uns ansehen: In Luxemburg haben wir die höchsten öffentlichen Inves­titionen zu vermerken und daher auch das höchste Beschäftigungswachstum. Öster­reich liegt bei den öffentlichen Investitionen an 25. Stelle. Das bedeutet: Schlusslicht für Österreich, das bedeutet, Österreich ist jenes Land, das den geringsten Zuwachs an Jobs hat! Alle anderen 24 EU-Länder machen es besser als Sie! (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das stimmt doch nicht, Frau Kollegin!)

In den letzten fünf Jahren ist die Arbeitslosigkeit in Österreich – das liegt in Ihrer Verantwortung, Herr Bundesminister Bartenstein! – massiv angestiegen. In anderen, insgesamt 17 EU-Ländern ist die Arbeitslosigkeit in den letzten fünf Jahren gesun­ken. – Nur durch Ihre Politik steigt die Arbeitslosigkeit, vor allem die Jugendarbeits­losigkeit!

Da nützen die Jobgarantien nichts. Der Herr Bundeskanzler hat von Ausbildungs­garan­tie gesprochen, Jobgarantie für jeden jungen Menschen. Wissen Sie, wie viele junge


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