Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 129

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Wie also den Terrorismus bekämpfen: eher durch operative Maßnahmen oder eher durch geplante strukturelle Maßnahmen? Gegenwärtig wird vor allem die verengte technisch-militärische Sicht auf den Terrorismus „befördert“, die die verschiedenen Phänomene auf die gewalt-technische Seite reduziert, aber die Ursachen werden kaum analysiert. Eine dauerhafte Eindämmung von Gewalt und Gegengewalt kann aber nur dann gelingen, wenn sie mit einer Regelung der materiellen Gegensätze einhergeht, die in vielen Konflikten wesentliche Ursache des Terrorismus sind.

Wer die Frage nach dem besten Mittel im Kampf gegen den Terrorismus stellt, der muss die materielle Frage stellen, der muss die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel stellen, der muss die Frage nach der Legitimität eines Krieges, der zivile Opfer als Kollateralschäden mit einkalkuliert, stellen oder die Frage nach den Folgen eines zu einem Kampf der Kulturen hochstilisierten Feldzugs gegen einen islamischen Staat.

Dass die militärische Bekämpfung des Terrorismus bis jetzt nicht sehr erfolgreich war, beweisen die Terroranschläge auf Ziele in den Vereinigten Staaten und in Europa. Dabei wird die entscheidende Frage zunehmend wichtig, wie die Interessenabwägung zwischen der Aufgabe von Grundrechten einerseits und der anwachsenden Über­wachung andererseits gelingen soll.

Es liegt nahe, zu fordern: noch mehr Videoüberwachung, noch mehr Daten­speiche­rung, noch mehr Rasterfahndung, noch mehr Lauschangriff. Es gibt eine ganze Menge von Spuren, die Telefongespräche und Internet hinterlassen oder die von Video­kame­ras aufgezeichnet werden können. Aber kann man damit Selbstmordattentäter und Terroristen wirksam bekämpfen, wirksam solche Attentate verhindern? Kann mit dem Mehr an Überwachung und Kontrolle ein Mehr an Sicherheit erzeugt werden – und was ist der Preis dafür? Kann man Demokratie und Freiheit verteidigen, indem man die Grundwerte beschneidet, die Versammlungsfreiheit, die Unversehrtheit der privaten Wohnung, das Brief- und das Fernmeldegeheimnis?

Ich begrüße daher, dass die Europäische Union ihren Schwerpunkt 2005 und in den Folgejahren auf die Erforschung der Ursachen des Terrorismus und die Entwicklung einer Langzeitstrategie legen wird. Man wird nicht umhinkönnen, die politischen Ur­sachen im Kampf gegen den Terror zu suchen, und draufkommen, dass möglicher­weise der präventive Überwachungsstaat nicht der Weisheit letzter Schluss ist.

Die Tragödie der gezielten Hinrichtung eines Unbeteiligten durch Kopfschuss, wie es in London passiert ist, beweist nicht zuletzt, wie sehr sich die Gewalt des Staates letzten Endes auch gegen die eigenen BürgerInnen wendet und jegliches Vertrauen in die Sicherheit und in die Integrität demokratischer und offener Gesellschaft untergräbt und zerstört.

Was wollte ich noch sagen? – Und im Übrigen – das ist auch noch ganz, ganz wichtig – bin ich der Meinung, dass dem Herrn Bundeskanzler kein Zacken aus der Krone fallen würde, wenn er sich für die heutigen verbalen Entgleisungen entschul­di­gen würde. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Fekter: Da muss sich aber Kollege Einem auch entschuldigen!)

15.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Restredezeit: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.37.35

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Der larmoyanten Forderung der SPÖ seit gestern, dass sich der Bundes­kanzler entschuldigen soll, kann ich nichts abgewinnen, denn wie oft haben Sie hier


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