Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 125. Sitzung / Seite 41

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Präsident Dr. Andreas Khol: Ich bitte, der Abgeordneten nicht den Rücken zuzu­wenden, Herr Kollege Ostleitner!

 


Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (fortsetzend): Nur ein Detail an den freiheit­lichen Klubobmann, Herrn Scheibner, der gerade behauptet hat, es würden die Pen­sionen in Zukunft um 690 € mehr ausmachen. – Wo leben Sie denn? Um etwa 20 € pro Monat bekommen die Pensionistinnen und Pensionisten mehr (Abg. Scheibner: ... Ausgleichszulage!), und wie viel davon die Inflation aufgefressen hat und wie viel davon die Belastungspolitik Ihrer Regierung aufgefressen hat, habe ich dabei noch gar nicht ausgerechnet – denn unter dem Strich kommt ein Minus heraus. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Lapp. – Abg. Neudeck: Das haben Sie nicht ausgerech­net, haben Sie gesagt!)

Diese Regierung behauptet, sie hätte die Familien gestärkt. – Hm. Sie haben ein ganz bestimmtes Modell von Familie zu stärken versucht, nämlich: Dort, wo der Mann traditionell der Rolle nachkommt, allein das Geld zu verdienen, haben Sie den Allein­verdienerabsetzbetrag ein bisschen erhöht. Und Sie haben das Modell gestärkt, dass die Frauen zu Hause bleiben, und zwar möglichst lange, und es möglichst schwer haben, auf dem Arbeitsmarkt wieder Anschluss zu finden, wenn sie nach der Kinder­betreuungsphase zurückkommen. (Abg. Dr. Fekter: Sie wollen nicht für die Familien etwas tun!) Alleinerzieherinnen haben Sie jedenfalls nicht gestärkt. Auch Familien­modelle, die nicht Ihren Vorstellungen entsprechen (Abg. Dr. Fekter: Die haben das ja genauso bekommen! – Das ist ja ein Unsinn!), wo verschiedene Generationen, Patch­workfamilien, verschiedenste Lebensgemeinschaften zusammenleben, haben Sie jedenfalls nicht gestärkt. Das aber ist die Zukunft für Österreich! (Beifall bei den Grünen.)

Und schließlich behaupten Sie noch – und das halte ich schon für das Dreisteste an Behauptungen, die Sie da erheben –, dass Sie zukunftsorientierte Sozialpolitik betreiben. (Abg. Wattaul: Ganz genau!) – Ich meine, das, was Sie machen, ist, immer mehr Bedarf an Sozialpolitik zu schaffen, weil es immer mehr Menschen schwer fällt, mit dem Verdienst aus ihrer Arbeit ein Auskommen zu finden. Die Hälfte der Menschen, die zum Beispiel in Wien armutsgefährdet sind, die daher eine Ausgleichs­zulage brauchen, sind erwerbstätig (Abg. Dr. Brinek: Das ist die Beschäftigungs­situation in Wien!): Die arbeiten, die versuchen, sich ihr Leben zu verdienen! – Das heißt, Sie treiben mit Ihrer Politik immer mehr Menschen in die Armut, und vor allem immer mehr Frauen. – Frau Abgeordnete Brinek von der ÖVP, gerade das sollte Ihnen ein Anliegen sein! (Abg. Dr. Brinek: Ja, der Wiener SPÖ!) Seit diese Regierung im Amt ist, sind 35 000 Frauen mehr und neu in der Armutsgefährdung – und es sind sowieso allein unter den Frauen schon mehr als eine halbe Million, die armutsgefährdet sind. (Abg. Großruck: Gefährdet ist die BAWAG jetzt auch!)

Das ist Ihre Sozialpolitik? Und was ist Ihre Antwort darauf? – Unter der Inflationsrate betreiben Sie kleine Erhöhungen! Das aber, was wir wirklich brauchen, nämlich ein taugliches Konzept, eine Grundsicherung, die sowohl die Armutsgefährdung verhin­dern als auch andere Bedarfssituationen abdecken könnte, verwehren Sie standhaft. Das ist das Einzige an vernünftiger, zukunftsorientierter Sozialpolitik! Eine Grund­sicherung brauchen wir in jedem Fall! (Beifall bei den Grünen.)

Das ist eine Forderung, mit der man übrigens nicht nur sozialpolitisch Weitsicht be­weisen würde, sondern das ist eine Forderung, die inzwischen auch aus der Wirtschaft kommt. Ich darf in diesem Zusammenhang Herrn Direktor Werner zitieren, der vor kurzem gesagt hat – nachlesbar im „profil“ –, dass damit auch wirtschaftpolitisch wich­tige Anreize geschaffen würden, weil die Kaufkraft der Menschen steigt.

 


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