Präsident Dr.
Andreas Khol: Ich bitte, der Abgeordneten nicht den Rücken zuzuwenden, Herr
Kollege Ostleitner!
Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (fortsetzend): Nur ein Detail an den freiheitlichen Klubobmann, Herrn Scheibner, der gerade behauptet hat, es würden die Pensionen in Zukunft um 690 € mehr ausmachen. – Wo leben Sie denn? Um etwa 20 € pro Monat bekommen die Pensionistinnen und Pensionisten mehr (Abg. Scheibner: ... Ausgleichszulage!), und wie viel davon die Inflation aufgefressen hat und wie viel davon die Belastungspolitik Ihrer Regierung aufgefressen hat, habe ich dabei noch gar nicht ausgerechnet – denn unter dem Strich kommt ein Minus heraus. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Lapp. – Abg. Neudeck: Das haben Sie nicht ausgerechnet, haben Sie gesagt!)
Diese Regierung behauptet, sie hätte die Familien gestärkt. – Hm. Sie haben ein ganz bestimmtes Modell von Familie zu stärken versucht, nämlich: Dort, wo der Mann traditionell der Rolle nachkommt, allein das Geld zu verdienen, haben Sie den Alleinverdienerabsetzbetrag ein bisschen erhöht. Und Sie haben das Modell gestärkt, dass die Frauen zu Hause bleiben, und zwar möglichst lange, und es möglichst schwer haben, auf dem Arbeitsmarkt wieder Anschluss zu finden, wenn sie nach der Kinderbetreuungsphase zurückkommen. (Abg. Dr. Fekter: Sie wollen nicht für die Familien etwas tun!) Alleinerzieherinnen haben Sie jedenfalls nicht gestärkt. Auch Familienmodelle, die nicht Ihren Vorstellungen entsprechen (Abg. Dr. Fekter: Die haben das ja genauso bekommen! – Das ist ja ein Unsinn!), wo verschiedene Generationen, Patchworkfamilien, verschiedenste Lebensgemeinschaften zusammenleben, haben Sie jedenfalls nicht gestärkt. Das aber ist die Zukunft für Österreich! (Beifall bei den Grünen.)
Und schließlich
behaupten Sie noch – und das halte ich schon für das Dreisteste an
Behauptungen, die Sie da erheben –, dass Sie zukunftsorientierte
Sozialpolitik betreiben. (Abg. Wattaul: Ganz genau!) – Ich
meine, das, was Sie machen, ist, immer mehr Bedarf an Sozialpolitik zu schaffen,
weil es immer mehr Menschen schwer fällt, mit dem Verdienst aus ihrer Arbeit
ein Auskommen zu finden. Die Hälfte der Menschen, die zum Beispiel in Wien
armutsgefährdet sind, die daher eine Ausgleichszulage brauchen, sind erwerbstätig
(Abg. Dr. Brinek: Das ist die Beschäftigungssituation
in Wien!): Die arbeiten, die versuchen, sich ihr Leben zu verdienen! –
Das heißt, Sie treiben mit Ihrer Politik immer mehr Menschen in die Armut, und
vor allem immer mehr Frauen. – Frau Abgeordnete Brinek von der ÖVP, gerade
das sollte Ihnen ein Anliegen sein! (Abg.
Dr. Brinek: Ja, der Wiener
SPÖ!) Seit diese Regierung im Amt ist, sind 35 000 Frauen mehr
und neu in der Armutsgefährdung – und es sind sowieso allein unter den
Frauen schon mehr als eine halbe Million, die armutsgefährdet sind. (Abg. Großruck:
Gefährdet ist die BAWAG jetzt auch!)
Das ist Ihre Sozialpolitik? Und was ist Ihre Antwort darauf? – Unter der Inflationsrate betreiben Sie kleine Erhöhungen! Das aber, was wir wirklich brauchen, nämlich ein taugliches Konzept, eine Grundsicherung, die sowohl die Armutsgefährdung verhindern als auch andere Bedarfssituationen abdecken könnte, verwehren Sie standhaft. Das ist das Einzige an vernünftiger, zukunftsorientierter Sozialpolitik! Eine Grundsicherung brauchen wir in jedem Fall! (Beifall bei den Grünen.)
Das ist eine Forderung, mit der man übrigens nicht nur sozialpolitisch Weitsicht beweisen würde, sondern das ist eine Forderung, die inzwischen auch aus der Wirtschaft kommt. Ich darf in diesem Zusammenhang Herrn Direktor Werner zitieren, der vor kurzem gesagt hat – nachlesbar im „profil“ –, dass damit auch wirtschaftpolitisch wichtige Anreize geschaffen würden, weil die Kaufkraft der Menschen steigt.