Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 125. Sitzung / Seite 329

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Ich wollte eigentlich das Hohe Haus auf dieses Buch aufmerksam machen. (Die Rednerin hält ein Buch mit dem Titel „Zwangsarbeit in Österreich 1938–1945“ in die Höhe.) Danke, Herr Botschafter Steiner (die Rednerin blickt in Richtung des auf der Galerie sitzenden Dr. Steiner), ich habe es von dir bekommen. Dieses Buch von Hubert Feichtlbauer wäre wirklich jedem hier im Haus zu empfehlen. Wenn man dieses Buch gelesen hat, wenn man gelesen hat, wie es den Menschen damals ergangen ist, als man sie zur Zwangsarbeit gezwungen hat, und wie es ihnen jetzt ergangen ist, als sie die Zuwendungen bekommen haben, dann, glaube ich, empfindet man es nicht als würdig, eine Debatte in einer derartigen Stimmung abzuführen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bitte daher die Opposition, auch wenn sie nicht zustimmt, auch wenn sie demo­kratisch hier heute nicht zustimmt, dann doch der Würde des Gesetzes Rechnung zu tragen – und diese Gesetze, es sind ja jetzt schon mehrere, sind würdig, und hier ist etwas Großes gelungen! – und die Debatte zumindest sachlich zu führen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

1.04


Präsident Dr. Andreas Khol: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Mag. Posch ans Rednerpult. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


1.04.51

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zunächst einmal: Die vorliegende Novelle zum Ent­schädi­gungsfondsgesetz hat zunächst primär das Ziel verfolgt, dass AntragstellerIn­nen, deren Anträge bereits fertig bearbeitet sind, Vorschüsse erhalten können, noch bevor ihr endgültiger Zuerkennungsbetrag feststeht. Das ist eine wichtige Sache, zumal etliche dieser AntragstellerInnen sehr alt sind. Viele betagte AntragstellerInnen – über 4 000, glaube ich – haben in der Vergangenheit nämlich die Auszahlung nicht erlebt – sie sind 80, 90 Jahre gewesen –, weil sich die Republik nicht dem Druck von Sammelklagen aussetzen wollte und die Entschädigungen erst nach Zurückziehen der letzten Klage, die noch anhängig ist, zur Auszahlung gelangen, ebenso diese Vor­schüsse. Das ist ein wichtiger Punkt. (Abg. Lentsch: Hätten Sie nicht so lange gewartet, wären diese Menschen noch am Leben gewesen!) – Also ich weiß nicht. Ich überhöre das.

Das Interesse der Republik steht hier gegen das humanitäre Anliegen, und sosehr man das Interesse der Republik verstehen kann, muss man es nicht unbedingt teilen, was die Antragsteller anbelangt.

Das Zweite ist das Zukunftsfonds- und das Stipendienstiftungs-Gesetz. Da die Mittel des Versöhnungsfonds nicht zur Gänze verbraucht wurden, sollten mit dem verbleiben­den Fondsvermögen humanitäre und soziale Projekte sowie wissenschaftliche Arbeiten gefördert beziehungsweise Stipendien vergeben werden, wobei man einmal darüber diskutieren kann, ob zusätzlich zwei neue Fonds notwendig gewesen wären oder ob man nicht im bisherigen Versöhnungsfonds die Sache weiter betreuen hätte können.

Da es im Fonds um beträchtliche Mittel geht und die Geschichte eine äußerst sensible ist, war man in der Vergangenheit auch stets um Konsens mit allen politischen Parteien bemüht. Das war in den neunziger Jahren quasi das Paradigma der österreichischen Innenpolitik, dass man gesagt hat, in diesem Punkt der Aufarbeitung der national­sozialistischen Vergangenheit soll es eine Einstimmigkeit geben. Diese hat es auch gegeben.

Bedauerlicherweise sind Sie jetzt von dieser Linie abgewichen – das sage ich ganz bewusst –, und damit komme ich zu dem, was Kollege Scheibner gesagt hat. Das


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