Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 127. Sitzung / Seite 54

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mit diesem Gesetz Gerechtigkeit schaffe, Wahrheit schaffe. Das ist vielleicht ein biss­chen zu viel gesagt. In der Sache selbst, muss ich sagen, hat er Recht, weil bei den Vorauszahlungen, die erst nach Rechtssicherheit eintreten, wie überhaupt die Auszah­lungen aus dem Entschädigungsfonds erst nach Rechtssicherheit eintreten, in Wirklich­keit keine andere Möglichkeit war und das Interesse der Republik in diesem Fall gegen das humanitäre Anliegen gestanden ist, nämlich das Interesse der Republik, sich dem Druck von Sammelklagen nicht auszusetzen. Andererseits ist es aber Realität, dass über 4 000 betagte Menschen die Auszahlung nicht erlebt haben. Das ist ein Faktum.

Ich glaube dennoch, dass es geboten scheint, diesem Gesetz die Zustimmung zu ge­ben, nachdem 26 der 27 Kläger die Klage inzwischen zurückgezogen haben und es nur mehr eine Frage der Zeit ist, bis Rechtssicherheit eingekehrt ist und sowohl die Vorauszahlungen als auch die effektiven Zahlungen aus dem Entschädigungsfonds beginnen können. Angesichts vieler konsensualer und auch versöhnender Gesten – und vielleicht können sich auch die Grünen dieser Linie anschließen – gilt es einerseits den Damen und Herren im Entschädigungsfonds für die geleistete Arbeit Dank zu sagen. Sie haben Großartiges geleistet. Es ist andererseits der Beginn einer neuen Phase der Aufarbeitung, der Beginn einer geistigen Auseinandersetzung mit unserem politischen Erbe.

Wenn man diese 200 Millionen US-Dollar, um die es da geht, in Relation setzt zur Dimension des größten Raubzuges der Geschichte, den die Nazis in diesem Land durchgeführt haben, dann wird man erkennen, wie bescheiden dieser Betrag ist. Es waren nämlich damals rund 200 Milliarden Schilling, die geraubt wurden. Und es steht auch in keinem Verhältnis zu dem, was die Leute in den Konzentrationslagern oder bei Sklavenarbeit mitgemacht haben.

Österreich hat sich damit einer materiellen und rechtlichen Pflicht entledigt. Die ethi­sche und moralische Dimension des Mordes an Juden ist gesetzlich und materiell auch nicht gutzumachen, weil sie sich jeglicher Kategorie des Denkens entzieht. Jahrelang hat diese umfassende moralische, gesellschaftliche und kulturelle Rehabilitierung der Juden und anderer politischer Verfolgter, darunter zahlreicher Wissenschafter, Philo­sophen und Intellektueller, nicht stattgefunden. Diese Auseinandersetzung muss nach Abschluss dieses Gesetzes erst beginnen. In diesem Sinn, glaube ich, ist der heutige Schritt ein erster Schritt in eine neue Zeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Die Restredezeit ihrer Fraktion beträgt 2 Minuten. – Bitte.

 


11.06.21

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es stimmt, die österreichische Wirtschaft, österreichische Wirtschaftstreibende, Industriebetriebe werden einen guten Teil dieser 200 Millionen US-Dollar dem Entschä­digungsfonds zur Verfügung stellen. Allerdings kommen 66,86 Millionen € aus dem österreichischen Budget, vom österreichischen Steuerzahler, von der österreichischen Steuerzahlerin. Diese 66,86 Millionen € hat die Republik Österreich im Jahr 2001 be­reitgestellt, allerdings mangels Fälligkeit, weil es ja keine Rechtssicherheit gegeben hat und weil die Fristen damals zu laufen begonnen haben, als Rücklage zurückgestellt, wie es so schön heißt.

Herr Bundeskanzler! Herr Präsident Khol hat hier in seiner Rede gesagt, Sie seien damals, 2001, mit dem Hut in der Hand zu den österreichischen Wirtschaftstreibenden gegangen, um diese Summe aufzubringen. Ich weiß nicht, ob Sie jemand mit dem Hut in der Hand gesehen hat. Herr Dr. Pichler ist tatsächlich nicht mit dem Hut in der Hand,


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