Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 131. Sitzung / Seite 39

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Neben den Sachfragen gibt es aus meiner Sicht aber noch einen wichtigen Punkt für die österreichische Ratspräsidentschaft. Es wird nämlich nach der Ablehnung des Ver­fassungsvertrages in den Niederlanden und in Frankreich auch die Frage sein: Gelingt es, eine Debatte über die positiven Perspektiven der Europäischen Union in Gang zu bringen? Gelingt es, das in Österreich zu einem Thema zu machen und den Leuten hier eine Perspektive zu geben?

Das ist deswegen wichtig, weil diese positive Stimmung für die EU nur dann entsteht, wenn es einigermaßen Sicherheit darüber geben wird, wohin es mit dieser EU geht. Es ist mit Sicherheit so, dass ein Teil der Ablehnung des Verfassungsvertrages in den Niederlanden und in Frankreich auch damit zusammenhing, dass es eben kein Thema war, wo es hingehen soll, was das angestrebte Ende in der Struktur der EU ist, welche politische Form und welche Kompetenzen die EU haben soll. Ich finde es sehr nach­vollziehbar, dass die Leute sagen, bevor wir nicht wissen, wo es hingeht, wollen wir eigene nationalstaatliche Sicherheiten nicht aufgeben.

Diese Debatte wird hier zu führen sein, um das Vertrauen in das politische Projekt Europa entstehen zu lassen, im Hinblick darauf, dass es eben nicht nur eine Wirt­schaftsunion ist und dass die EU die Wirtschaft verbindet, sondern dass es auch sozi­ale Sicherheit in dieser EU geben wird. (Beifall bei den Grünen.)

In den letzten Jahren ging die Schere zwischen Arm und Reich in der gesamten EU, nicht nur in Österreich, immer weiter auseinander. Das ist auch unter anderem diesem EU-internen Wettbewerb zu verdanken, den Herr Minister Bartenstein so gerne hier anpreist, weil dieser EU-interne Wettbewerb nämlich nicht nur positive Effekte hat – die hat er für manche auch –; er lässt auch eine ganze Menge Verliererinnen und Verlierer zurück, sei es bei den kleinen Betrieben oder sei es bei den ArbeitnehmerInnen. Und solange das nicht behoben wird, ist es völlig klar, dass die Menschen nicht mehr Ver­trauen in diese neue Struktur bekommen können.

An einem Beispiel kann man das auch sehr schön sehen, das ist heute schon gefallen, die so genannte Dienstleistungsrichtlinie. Ich finde das deswegen so symptomatisch, weil das wirklich diese Spannung zwischen wirtschaftlichen Fragen und sozialen Fra­gen ganz deutlich zeigt. Wenn Herr Minister Bartenstein, der vehement für diese so genannte Dienstleistungsrichtlinie eintritt, die ja positiverweise ermöglichen soll, dass es grenzüberschreitende Dienstleistungen gibt – das ist sozusagen der positive Teil –, sich aber gleichzeitig vehement dafür einsetzt, dass dieses so genannte Herkunftsland­prinzip eintritt, das heißt, dass nicht das österreichische Recht, sondern das Recht der anderen Länder gilt, also nationales Recht untergraben und außer Kraft gesetzt wird und für kleine Betriebe und auch ArbeitnehmerInnen hier eine Bedrohung entsteht, dann müssen Sie sich nicht wundern, dass es großen Widerstand gegen dieses Pro­jekt der Europäischen Union gibt.

Da ist, wie ich meine, die österreichische Regierung gefordert, sich in einer vernünfti­gen Art und Weise auch für die Wirtschaftspolitik einzusetzen. (Beifall bei den Grünen.)

Ein kleiner Sidestep noch, das gilt im Übrigen auch für Sie, Herr Kollege Grilltisch: Wenn Sie nämlich hier heraußen ein bisschen weniger polemisieren und sich stattdes­sen auf EU-Ebene mehr für Verteilungsgerechtigkeit im Förderbereich einsetzen wür­den (Zwischenruf des Abg. Grillitsch), dann wäre auch den kleinen Bauern und Bäue­rinnen in Österreich mehr geholfen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Dann ist der Ausverkauf des ländlichen Raums perfekt!)

11.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner kommt Herr Abgeordneter Parnigoni zu Wort. Gesamtrestredezeit für die SPÖ: 5 Minuten. – Bitte.

 


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