Sehr geehrte Damen und Herren, über die APA wurde gestern eine Debatte über behindertengerechten Zugang zu Arztpraxen in Österreich geführt. Ich danke Kollegem Huainigg und ich danke Kollegem Stummvoll, die immer betont haben, dass gerade der Gesundheitsbereich ein wichtiger Bereich ist, barrierefrei gestaltet zu werden.
Ich danke nicht dem Präsidenten der Wiener Ärztekammer, auch nicht dem Chef der Wiener Gebietskrankenkasse, denn es gibt kleinere Gebietskrankenkassen, wie etwa jene im Burgenland, die seit 1999 Arztpraxen nur dann vergibt, wenn innerhalb eines Jahres ein barrierefreier Zugang zur Arztpraxis geschaffen wird.
Ich betrachte es nicht als Fortschritt, dass 12,5 Prozent der Wiener Arztpraxen endlich behindertengerecht werden, wenn behinderte Menschen vom Arbeits- und Sozialgericht noch immer zu Orthopäden in Wien als Gutachtern geschickt werden, die ihre Praxis im zweiten Stock – würde man in den Bundesländern sagen; im ersten Halbmezzanin sagt man in Wien – haben, um dort begutachtet zu werden. Ich betrachte es nicht als Fortschritt, wenn die hohen Richter nicht einmal in die Akten hineinschauen und Leute, die beim Pflegegeld und bei der Pension als Gutachter tätig waren und dem Bürger die Pension und die höhere Einstufung beim Pflegegeld als Invalide verweigert haben, von den Gerichten nach wie vor als unabhängige Gutachter eingesetzt werden.
Ich habe volles Verständnis, sehr geehrte Damen und Herren, dafür, dass in dieser Situation die Menschen an der Rechtsstaatlichkeit zweifeln, und ich werde daher auch mit der Frau Justizministerin und mit den Präsidentinnen und Präsidenten der Höchstgerichte darüber sprechen, dass es eigentlich notwendig ist, mehr Sensibilität beim Aktenstudium an den Tag zu legen und nicht immer die gleichen Gutachter vom Gericht zu beauftragen. – Das kann es nicht sein, das darf es nicht sein, und das soll es in einem Rechtsstaat auch nicht sein, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Erlauben Sie mir, Herr Präsident, in meiner letzten Rede nach nicht ganz 20 Jahren hier im Parlament vom heutigen Thema kurz etwas abzuschweifen. Ich möchte mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Hohen Hauses in allen Etagen für die gute Zusammenarbeit herzlichst bedanken! Ich war fast drei Jahre lang auch Dritter Präsident des österreichischen Nationalrates und stellvertretender Klubobmann meiner – damals bedeutend größeren – Fraktion, und ich habe es schätzen gelernt, dass es im Hohen Hause Mitglieder auf allen Ebenen der Hierarchie gibt, die den Rechtsstaat und die Rechtsstaatlichkeit im Auge haben und nicht das tagespolitische Kleingeldsammeln. – Ein herzliches Dankeschön an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Da ich den Landeshauptmann von Kärnten gerade auf der Zuschauertribüne sehe, erlauben Sie mir auch als Kärntner Abgeordnetem ein kurzes Wort.
Als ich vor 20 Jahren ins österreichische Parlament gekommen bin und hier hervorragende Persönlichkeiten des Rechtsstaates, wie zum Beispiel Herr Professor Ermacora als außenpolitischer Sprecher seiner Partei, damals für die europäische Erweiterung, zur Ortstafelfrage und zu vielen anderen Dingen auch, etwa auch über die Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen, gesprochen haben, so waren das Sternstunden des österreichischen Parlamentarismus.
Damals hat es im österreichischen Parlament einen Konsens gegeben: dass der Artikel 1 der österreichischen Bundesverfassung – die Verfassungsgesetzgebung – Angelegenheit des Volkes und damit Angelegenheit des Parlamentarier ist. Damals, sehr geehrte Damen und Herren, hat es keinen politischen Streit darüber gegeben, dass Höchstrichter Gesetze ändern, sondern damals hat es eine klare Trennung zwischen Gesetzgebung und Kontrolle durch die Höchstgerichte gegeben.