Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 135. Sitzung / Seite 138

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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort. (Ironische Heiterkeit und Rufe bei der ÖVP: Der Arme! Nicht so leicht!)

 


15.50.13

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Nun, jetzt haben wir drei Redner gehört (Abg. Neudeck – sich von seinem Platz erhebend –: Jetzt kann man sich nach drei guten Reden erholen! Jetzt können wir gehen! Das brauchen wir nicht zu hören!): zuerst den Herrn Klubobmann, der einen Dringlichen Antrag an die SPÖ gestellt hat, mit ein paar Komplimenten für viele sehr verdiente frühere Regierungsmitglieder der Sozialdemokratie (Abg. Mag. Molterer: ... wir und nicht Sie!); ansonsten einen Minister, der versucht hat, die Hälfte von unserem Wirtschaftssprecher aus dem Jahr 2004 zu zitieren – darüber reden wir noch, über die Voest –; und dann – und das ist wirklich das Beste! – den Kollegen Stummvoll, der aus Angst davor, dass wir darüber reden, sagt: Hören wir doch lieber auf zu diskutieren! – Ich kann es Ihnen nicht ersparen: Wir werden darüber reden müssen, und wir werden noch viel darüber reden müssen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Aber Sie werden sich schwer tun! Sehr schwer! – Abg. Neudeck: Solang Sie nur reden und nicht handeln, ist nicht Gefahr im Verzug!)

Aber fangen wir doch gleich einmal an mit der Frage: Gehört eine gelbe Post an die Börse? Und genau in dieser Kernfragestellung schauen wir einmal, wie die inter­nationale Entwicklung aussieht: In den USA, wo Ronald Reagan Präsident und damit einer der wesentlichsten Promotoren des Neoliberalismus war (Abg. Dr. Stummvoll: Ihr Vorbild?!), gibt es dort nicht eine staatliche Post? (Abg. Dr. Stummvoll: USA als Vorbild der SPÖ!) – Aber nein! Warum ist die Post in den USA mit 700 000 Beschäftigten eine staatliche Post? (Zwischenruf des Abg. Großruck.) – Nein, wie­derum falsch. Sie haben keine Ahnung, Herr Abgeordneter! – Weil es unter betriebs­wirtschaftlichen Kriterien nicht möglich ist, im Mittelwesten, im Süden der USA in der Fläche eine Versorgung herzustellen. (Abg. Mag. Molterer: Also das Vorbild von Matznetter heißt Reagan! Reaganomics!) Weil das nicht zusammenpasst: gemeinwirt­schaftlicher Auftrag und Kapital.

Warum ist das auch in England so? (Abg. Mag. Molterer: Reaganomics! Thatcher!) – Genau aus dem gleichen Grund! (Abg. Neudeck: Jetzt kommen Sie zur „Blauen Mauritius“, nicht? Das ist eine Marke!)

Welche sind denn dann die einzigen Länder, in denen es eine Post an der Börse gibt? – Die Antwort ist relativ klar, und jetzt reden wir sachlich: Die Niederlande haben eine regionale Struktur, die einem einzigen Ballungsraum gleichkommt. Logischer­weise ist die gemeinwirtschaftliche Aufgabe in diesem Bereich eine geringere. Diese Besonderheit erkennen natürlich auch nicht die Schreihälse aus der Hinterbank (lebhafte ironische Heiterkeit des Abg. Neudeck), denn ihnen geht es um etwas anderes (Abg. Neudeck – auf den Sitzplatz des Abg. Dr. Matznetter weisend –: Herr Kollege, wo sitzen Sie? – Das ist herrlich: „Schreihälse aus der Hinterbank“!): Der alte Grundsatz „weniger Staat, mehr privat“ wird jetzt hier am Beispiel der flächen­decken­den Postversorgung exekutiert.

Dieser alte Grundsatz wurde ja schon bei den Privatisierungen der letzten Jahre ange­wendet. Wann wurde denn die Voest privatisiert? – Als der Kurs von dem so genannten Experten, den Herr Kollege Grasser vorher genannt hat, Herrn Wolfgang Schüssel, mit 32,50 € bekannt gegeben wurde. Was hat da der SPÖ-Sprecher Moser gesagt? – Er sagte damals, der Substanzwert rechtfertigt allein schon einen Wert von 55 bis 80 €. Na, wo steht die Aktie denn heute? Kollege Molterer schreibt es hinein in seinen Antrag: bei über 80 €. Ja was ist denn passiert? (Abg. Mag. Molterer: Privatisiert ist sie worden!) – Der Besitz der Steuerzahlerin, des Steuerzahlers, den


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