beispielsweise Anfang Dezember bekannt, dass neben den
österreichischen Konsulaten in Budapest, Belgrad und Bukarest, wo in den
Jahren 2002 und 2003 offenbar tausende illegale Visa gegen Entgelt
ausgestellt wurden, nun auch die österreichische Vertretung in Kiew im Visier
der Fahnder steht. Innerhalb eines Jahres sollen in Kiew 28.000 illegale Visa
ausgestellt worden sein. Eine Sprecherin der Außenministerin ließ dazu wissen,
dass sie „mögliche Verfehlungen von einzelnen Mitarbeitern“ nicht ausschließe.
Alle bisherigen Kontrollen hätten aber eben nichts zutage gefördert“ (Der
Standard, 1. 12. 2005).
Handelt es sich, wie die Außenministerin nach wie vor
behauptet, tatsächlich nur um „ein paar schwarze Schafe?“ (Kurier,
2. 12. 2005). Diese offizielle Darstellung von Seiten der Regierung
ist nicht zu halten.
„Österreich vergibt jährlich 400.000 Visa. Wenn es
stimmt, dass in den letzten Jahren mindestens 40.000 Sichtvermerke an Personen
verscherbelt wurden, die sich auf diese Weise Zutritt und Bleibe zum Schengenraum
verschafft haben, muss ein Rudel an schwarzen Schafen tätig gewesen sein“
urteilte etwa der Kurier in seinem Leitartikel (Kurier, 2.12. 2005). „Der
Standard“ zitierte aus einem Ermittlungsakt, der von einem „kriminellen
Netzwerk“ in Beamtenkreisen an Vertretungen im Ausland sprach (Der Standard,
1. Dezember 2005).
Die Erklärungsnot der Bundesregierung, insbesondere der
betroffenen Ressorts ist groß: Weshalb konnte der illegale Handel mit
Sichtvermerken so lange unentdeckt bleiben? Weshalb versagten die internen
Kontrollmechanismen im Außenamt und im Innenministerium völlig? Weshalb blieben
Hinweise auf den Visahandel offenkundig ohne Konsequenz? Versuchte man den
Visahandel zu vertuschen? Weshalb blieben die Ermittlungen der Justiz zunächst
ergebnislos? Wieso konnte der illegale Handel mit Sichtvermerken bis heute
nicht beendet werden? Wieso behaupten Belgrader Visa-Händler nach wie vor,
Verbindungsmänner in Österreichs Botschaft zu haben (Kurier,
6. 12. 2005)?
Mittlerweile ist bekannt, dass Außenministerin
Ferrero-Waldner bereits im Jahr 2001 schriftlich und im Jahr 2002
persönlich auf den vermuteten Visahandel am österreichischen Konsulat in
Belgrad aufmerksam gemacht worden war. Allerdings versicherte sie damals,
„dass alles in Ordnung sei“ (News 42/05) und es keine Anhaltspunkte für
Verfehlungen gebe. Welche Maßnahmen das Außenministerium tatsächlich setzte, um
die Vorwürfe zu prüfen, ist bis heute unklar. Der Generalinspektor des Außenamtes,
Manfred Ortner, meinte in einem Interview jedenfalls, dass ihn niemand
beauftragt hatte, die Belgrader Botschaft wegen Visahandel zu inspizieren oder
zu untersuchen (Pro-7-Austria, 2.11. 2005). Dafür sorgte der
Generalinspektor laut News dafür, dass eine Mitarbeiterin, die Missstände
aufdecken wollte, nach Wien versetzt wurde, weil sich ihr Arbeitsstil als
„entscheidungsscheu, nicht kundenfreundlich, nicht kommunikativ und unflexibel“
(News 45/05) erwiesen habe.
Trotz verschiedener Hinweise, die intern und von außen
gegeben wurden (so ließen etwa Medienberichte aus den Jahren 2003 und 2004
darauf schließen, dass zumindest der Verdacht bestand, dass an den
österreichischen Vertretungsbehörden in Kiew und in Lagos ebenfalls ein
illegaler Handel mit Sichtvermerken betrieben wurde) blieb der schwunghafte Handel
mit Sichtvermerken angeblich unbemerkt und alle internen Überprüfungen
verliefen angeblich ergebnislos.
In diesem Zusammenhang ist ein weiterer Sachverhalt höchst aufklärungsbedürftig: die bewilligten Visaanträge des Außenamtes werden nach nur einem Jahr vernichtet. An dieser Praxis wurde weiter festgehalten, obwohl der Verdacht des Visahandels nachweislich im Raum stand. Entgegen allen Beteuerungen des Außenamtes an einer lückenlosen Aufklärung interessiert zu sein, wurden offenbar keine Schrittte gesetzt,