um das für die Ermittlungen relevante Beweismaterial zu
sichern. So meinte der Leiter der von Außenministerin Plassnik eingesetzten
Expertenkommission am 14. November 2005 auf die Frage, ob der
Skartierungs-Erlass des Außenamtes nicht endlich außer Kraft gesetzt werden
müsse: „Man wird da wohl eine Art Stopp einlegen müssen, bis die Kommission
ihre Tätigkeit aufnimmt“ (Kurier, 14. 11. 2005). Am 18.1.2006 präsentierte
der Generalsekretär des Außenamtes einen Empfehlungskatalog der Expertenkommission,
welcher am 19.12.2005 fertig gestellt worden war. Offensichtlich unternahm die
Kommission keinerlei Untersuchungen an einzelnen Konsulaten. Frühere
Ermittlungen der Justiz mussten – so die Zeitschrift News am
1. 12. 2005 – eingestellt werden, weil die Revision des
Außenamtes nur mehr fünfzig Visaakten ausfindig machen konnte (News, 48/05,
1. 12. 2005).
Im April 2004, als es in den Medien neuerlich Hinweise
über Unregelmäßigkeiten im Visumverkehr am österreichischen Konsulat in Belgrad
gab, hatte das Außenamt alle Vorwürfe erneut entschieden zurückgewiesen.
Zwischen kolportierten Inseraten in serbischen Medien, in denen Schengen-Visa
angeboten worden waren, und der österreichischen Botschaft bestehe keinerlei
Zusammenhang. Dies sei das Ergebnis einer internen Überprüfung. Im übrigen
würden alle österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland regelmäßig intern
überprüft, dabei werde naturgemäß jedem Hinweis auf etwaige Unregelmäßigkeiten
nachgegangen (OTS103, 15.4. 2004). Als der Visa-Mißbrauch an deutschen
Botschaften in Osteuropa bekannt wurde, hieß es aus dem Außen- und
Innenministerium, in Österreich sei ein solcher Missbrauch nur sehr schwer
möglich, da man ein ganz anderes Visa-System habe und viel restriktiver vorgehe
(APA 270, 17.2. 2005).
Wie sich mittlerweile
allerdings herausgestellt hat, waren es eben die Ermittlungen der deutschen
Behörden in Sachen Visahandel, die deutliche Hinweise auf die Involvierung
österreichischer Vertretungsbehörden gebracht und die österreichischen Behörden
schließlich doch zum Handeln gezwungen haben.
Ein aktiver Diplomat aus dem
konsularischen Dienst, ein pensionierter Mitarbeiter der Konsularabteilung und einige weitere Personen wurden
seither von der Polizei wegen des Verdachts auf Visahandel festgenommen.
Insgesamt wird gegen mindestens neun Verdächtige ermittelt (Der Spiegel,
5. 12. 2005). Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien erfassen
mittlerweile mehrere osteuropäische Botschaften; zehntausende Visa, die die
Einreise in den Schengen-Raum ermöglichen, könnten gegen „Körbergeld“
ausgestellt worden sein (Kurier, 2. 12. 2005). In einem Fall kommt es
bereits im Jänner zum Strafprozess: Ein Mitarbeiter der österreichischen
Botschaft in Lagos (Nigeria) ist wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch angeklagt.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, illegal 705 Visa ausgestellt zu
haben.
Im Nachrichtenmagazin „profil“
Nr.4/2006 wird darüber berichtet, dass sich die Visa-Affäre auch auf die
österreichische Botschaft in Ankara auszuweiten scheint, wodurch die von
Vertretern des Außenamtes gerne strapazierte „Theorie der Einzelfälle“ noch
mehr erschüttert wird.
Im Zusammenhang mit der
Visa-Affäre ist natürlich die Frage nach der Verantwortung der betroffenen
Ressortchefs zu stellen. Bezeichnenderweise hatte die von Außenministerin
Plassnik eingesetzte Expertenkommission genau diese Frage nicht zu klären. Die
Arbeit der Kommission sollte ausschließlich „zukunftsgerichtet“ sein (Kurier,
14. November 2005).
Aus all den genannten Fakten
und Darstellungen ist daher die sofortige Einsetzung eines
Untersuchungsausschusses geboten.