Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 135. Sitzung / Seite 248

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Unter einem verlangen die unterzeichneten Abgeordneten gem. § 33 Abs. 2 GOG die Abhaltung einer kurzen Debatte über diesen Antrag.

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Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet mit einer Redezeit von 10 Minuten ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte, Herr Kollege.

 


22.09.33

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich finde, dass die Scherze, die Sie auf Ihren Lippen rollen lassen, angesichts der Traurigkeit dieser Materie nicht angebracht sind, das sage ich Ihnen schon. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Nein, das haben Sie zu verantworten.

Da Sie ja alle miteinander des Lesens mächtig sind, werden Sie wahrscheinlich den morgigen „Kurier“ und die morgige „Kronen Zeitung“ registriert haben. (Abg. Mag. Molterer: Was heißt „wahrscheinlich“?) – Nein, sicher habe ich gesagt, nicht wahrscheinlich. Sie werden in der „Kronen Zeitung“ den Titel registriert haben: „Staats­anwalt: ,Die Botschaft in Lagos war eine Visafabrik‘“. (Wow-Rufe bei der SPÖ. – Heiterkeit bei der ÖVP.)

Der Ex-Konsul hat als Begründung angeführt: „,Die Botschaft war desorganisiert‘, sagt er. Keine technische Ausrüstung, keine Geräte, um Dokumentenfälschungen zu erkennen, zu wenig Personal. Nur so wären die Fehler bei der Visa-Erteilung zu erklären.“

Im „Kurier“ lautet der Titel: „Ein diplomatischer ,Sauhaufen‘“. Ich meine, falls Ihnen das nicht aufgefallen ist: Es ist jetzt gerade die Zeit, in der Sie von der ÖVP das Außenressort innehaben. (Abg. Rädler: Das war vorher schon ein Sauhaufen!) Nur damit Sie sich ein bisschen richtig entsinnen. Das war auch die Zeit von Benita Ferrero-Waldner.

Der „Kurier“ schreibt jedenfalls: „Ein diplomatischer ,Sauhaufen‘“. (Abg. Rädler: Wer war denn dort Botschafter?) Dann wird die Botschaftssekretärin zu den Pässen zitiert. Sie sagt:

„,Ich sah sofort, dass sie falsch waren.‘ Aber: ,Wenn der Konsul sagt, ich soll Visa drucken, dann drucke ich.‘ Sie druckte. 100 pro Tag. Es spielte sich ab wie in einer Fabrik. Während Gerhard F. – das ist der Angeklagte – zweiter Mann in der Botschaft war (Juli 2003 bis Juli 2004), wurden 4891 Anträge positiv erledigt. Um 3000 mehr als im Vergleichszeitraum davor.“

Jetzt sage ich Ihnen etwas: Das Interessante daran ist ja, dass das mittlerweile mehrere Botschaften betroffen hat. Ob das jetzt Lagos, ob das jetzt Kiew oder Belgrad ist, die ganze Liste von Botschaften wird hier im „Kurier“ aufgezeigt. Belgrad ganz besonders, da waren ja noch bis vor kurzem Inserate in den Zeitungen zu finden. Im „Kurier“ wird sogar eine Organisation dahin gehend zitiert, dass man um 2 600 € brutto mit einem Autobus und fertig gekauftem Visa in den Schengen-Raum über Österreich einreisen kann.

Doch Sie sitzen da und vertreten anscheinend noch immer die These: Das sind einzelne schwarze Schafe! – Mittlerweile muss man sich umgekehrt schon die Frage stellen: In welchen Botschaften in den genannten Regionen wurde nicht mit Visa gehandelt? Mittlerweile muss man sich schon die Frage stellen: Wieso hat es erst der Aufklärungsarbeit beim Visa-Skandal in Deutschland bedurft, dass es überhaupt Schritte gegeben hat, dass man endlich einmal tätig wurde? (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Bleiben Sie ganz cool!

 


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