Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / Seite 111

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

14.59.45 Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Elite-Universität Maria Gugging: ein Scherbenhaufen“ (4019/J)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 4019/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Begründung

Die Entstehungsgeschichte des in den Anfängen als „Elite Universität“ bezeichneten Projektes (derzeit: „Austrian Institute of Advanced Science and Technology“/AIST) gleicht zunehmend einer Realsatire. Wie um von den wahren Problemen öster­reichi­scher Universitäten und unseres Bildungssystems abzulenken, plante Bundes­minis­terin Gehrer ein Prestigeprojekt, das internationale Beachtung finden sollte. Beschränkt auf zwei bis drei naturwissenschaftliche Disziplinen sollten von inter­nationalen Spitzen­forscherInnen Grundlagenforschung auf höchstem Niveau betrieben und begleitend Doktoratsstudien angeboten werden. Konzipiert war die nachbar­schaftliche Ansiedlung innovativer Firmen, um „Spin-Offs“ der Grundlagenforschung wirtschaftlich zu nutzen. Die Suche nach breitem Konsens mit der Wissenschaftsszene und den parlamen­tarischen Parteien war ebenso zugesagt, wie die völlige Unab­hängigkeit der dort tätigen ForscherInnen von den Geldgebern, was die Wahl ihrer Forschungsinhalte betrifft.

Die Vorstellung, Weltklasseforschung per Regierungsbeschluss auf die grüne Wiese zu stellen, zeugt von wenig Verständnis für die Forschung. Top-Institutionen wie das Massachusetts Institute of Technology (MIT) oder Harvard, Oxford oder Cambridge, die die Bundesregierung als Vorbilder anführt, basieren auf Jahrhunderte alten Tra­ditionen und gewachsenen Strukturen. Das kolportierte jährliche Budget der öster­reichischen Elite-Uni beträgt nicht einmal 100 Mio. Euro. Verglichen mit den anglo-amerikanischen Top-Institutionen ist dieser Betrag lächerlich gering. Das MIT etwa verfügt über ein jährliches Budget von 2 Mrd. US$ - das ist etwa soviel, wie alle 21 österreichischen Unis zusammen!

Zahlreiche ExpertInnen und international renommierte WissenschafterInnen kritisierten diese Konzeption als künstlich verordnete Wissenschaft auf der „Grünen Wiese“ und hätten gezielte Förderungen von Spitzeninstituten und Spitzenteams in Österreich vor­gezogen. Nachdem Ministerin Gehrer und Kanzler Schüssel im Alleingang eine falsche Standortentscheidung zugunsten von Maria Gugging getroffen haben, sind die wissenschaftlichen Proponenten des Projekts, die Professoren Anton Zeilinger, Arnold Schmidt und Peter Schuster, wegen der Dominanz der Politik bei der Standort­entscheidung zurückgetreten. Zwei Wochen nach deren Ausscheiden hat auch der Projektleiter und frühere langjährige Uni-Sektionschef Sigurd Höllinger die ministerielle Projektgruppe für die Elite-Uni verlassen. Auch er hat sich gegen die Standortwahl ausgesprochen. Gugging erfüllt nur eines der vier Kriterien (Erreichbarkeit, Möglichkeit zu Campusbildung und Firmenansiedlung, Finanzierungsangebote) der ministeriellen Projektgruppe – durch das finanzielle Angebot des Landes Niederösterreich.

Die Projektgruppe vertrat in ihrem Vorschlag zur Standortentscheidung vom 24.1.2006 wörtlich die Ansicht, dass „das Schließen von Kompromissen oder der Abtausch von


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite