Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / Seite 115

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27. Verlangt der Zustand österreichischer Universitäten nicht genauso dringlich „frisches Geld“ wie ein von zahlreichen WissenschafterInnen als fragwürdig bezeich­netes Projekt politischer Selbstdarstellung (mit untauglichem Standort)?

28. Warum haben Sie keine Maßnahmen getroffen, das Finanzierungsniveau öster­reichischer Universitäten auf internationales Spitzenniveau (über 1,5 % am BIP) anzuheben? Oder hat sich der Finanzminister quergelegt, oder der Bundeskanzler ein Veto eingelegt?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage unter Verweis auf § 93 Abs. 1 GOG verlangt.

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Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Van der Bellen als erstem Fragesteller zur Begründung der Dringlichen Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Herr Kollege Van der Bellen.

 


15.00.19

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war einmal ein Professor (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der wollte Vize­kanzler werden!), der wollte etwas Gutes tun – nicht für sich, sondern für nach­wachsende Generationen von jungen Wissenschaftlern, jungen Forschern. Das heißt, er wollte wenigstens einem Teil von ihnen – einem kleinen Teil von ihnen – die Mög­lichkeit geben, so zu arbeiten und zu forschen, wie es an einigen wenigen For­schungsstätten in der Welt möglich ist – hauptsächlich in den USA, in Kanada, in Israel und noch in einigen anderen Ländern.

Dieser Professor fand bald einige Kollegen an der Universität, die ähnlich motiviert waren und ähnlich gedacht haben, und sie haben eine Art Proponentenkomitee für ihre Ideen gegründet.

Dann begann alles schief zu gehen, ohne dass diese Universitätsmenschen das gleich merken konnten oder merken mussten – schließlich sind sie keine Politiker. Es begann schief zu gehen, als Bundesministerin Gehrer und Bundeskanzler Schüssel sich für die Ideen dieser Professoren zu interessieren begannen (Abg. Dr. Brinek: Das ist aber Ihre Variation!) – beziehungsweise glaubten das Professor Zeilinger und seine Kolle­gen. (Abg. Dr. Mitterlehner: Deshalb hat er sich an Sie gewandt!)

Er ist ja kein Politiker und auch kein Fachmann des politischen Marketing, und vor allem denkt er in anderen Zeitdimensionen. Herr Kollege! Bevor Sie glauben, dass Professor Zeilinger ein guter Kumpel von mir ist, möchte ich Ihnen sagen: Ich kenne Herrn Professor Zeilinger gar nicht. Ich habe ihm vielleicht einmal bei einem Empfang die Hand geschüttelt. – Das ist es schon. (Abg. Dr. Mitterlehner: Wieso wissen Sie dann die Details?)

Solche Professoren denken in anderen Zeitdimensionen. Die Planung von Spitzen­forschung und die dafür notwendigen Institute und Institutionen auf weniger als zehn bis 15 Jahre anzulegen, das hat überhaupt keinen Sinn.

Spitzenforschung kostet außerdem Geld.

Drittens ist es für die Reputation der Forschung und der Forscher persönlich ent­scheidend, dass sie unabhängig sind – unabhängig von Interventionen von außen. Zeilinger selbst hat das in einigen Interviews und Gastkommentaren, wie zum Beispiel in der „Presse“ vom 4. Februar, sehr deutlich und klar ausgesprochen. Das Prinzip


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