Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / Seite 81

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Patientenverfügung ist eine Willens­erklärung, durch die man medizinische Behandlung ablehnt. Das wird in aller Regel lebensverkürzend sein und ist daher ein enorm schwerwiegender Entschluss und eine schwerwiegende Entscheidung. Es gibt hier im Hohen Haus Gott sei Dank einen Konsens darüber, dass wir aktive Sterbehilfe nicht wollen und auch niemals zulassen werden.

Das Spannungsfeld bei diesem Gesetz ist einerseits von der ärztlichen Behandlungs­pflicht geprägt, andererseits aber darf kein Arzt gegen den Willen eines Patienten behandeln. Solange der Patient sich artikulieren kann, ist das ja auch kein Problem: Er kann eine Behandlung ablehnen, und der Arzt hat sich daran zu halten. Aber wenn er sich nicht mehr artikulieren kann, weil er beispielsweise im Koma liegt, dann ist er fremdbestimmt. Diese Fremdbestimmung muss sehr, sehr sorgsam geprüft werden. Sie darf nicht übereilt vorweg festgelegt werden.

Das heißt, wenn man sich schriftlich festlegt, soll man rechtlich beraten sein und soll man auch vom medizinischen Standpunkt aus genau wissen, was man ablehnt, damit Missbrauch verhindert wird, denn niemand darf sich von irgendjemandem sozusagen eine Patientenverfügung wünschen oder diese fordern. Weder die Verwandten dürfen ums Bett stehen, so nach dem Motto: Unterschreibe jetzt endlich, weil die Therapie so viel kostet!, noch die Heimleitungen dürfen Patientenverfügungen fordern, so nach dem Motto: Verzichte vorweg auf diese Behandlung, damit du einen Heimplatz bekommst! – Für derartigen Druck haben wir eine Strafbestimmung vorgesehen. Eine Gesellschaft, die so etwas zulässt, wollen wir nicht.

Ich hoffe, dass dieses Instrument nicht leichtfertig angewandt wird, sondern dass vielmehr sehr sorgsam damit umgegangen wird, und dass das neue Instrument zu mehr Sensibilität für das Sterben in Würde führt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der Freiheitlichen und der Grünen.)

12.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster kommt zu Wort Herr Abgeordneter Dr. Puswald. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.05.48

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Frau Präsidentin! Damen auf der Regie­rungsbank! Damen und Herren im Hohen Haus und auf der Besuchertribüne! Ich bin ja in sehr weiten Teilen bei Ihnen, Frau Kollegin Fekter. (Abg. Wittauer: Du sagst dann über die BAWAG vielleicht auch noch ein bisschen!) – Ich komme dann gleich darauf zurück, lieber Kollege. Es freut mich, dass ihr in politischer Selbstmordabsicht das Thema so breittreten wollt.

Aber zurück zu Frau Kollegin Fekter. – Wir sind uns im Inhalt eigentlich über die Frak­tionsgrenzen hinweg einig, auch darüber, was die Emotionalität betrifft und, wie Sie ausgeführt haben, dass nicht leichtfertig über das Leben gesprochen werden darf, dass man nicht übereilt verfügen soll. All das ist theoretisch jetzt schon möglich. In der medizinischen und rechtlichen Praxis werden häufig Patientenverfügungen errichtet, und es ist unbestritten, dass dem Patienten das Recht zusteht, nach seinem Willen bestimmte Behandlungen und Handlungen vorweg zu deklarieren.

Dabei werfen sich allerdings massiv Rechtsfragen auf, die Sie, wie Sie gesagt haben, mit der nötigen Klarheit und Transparenz regeln wollten. Wir sind nach dem Hearing, das im letzten Justizausschuss unter Beteiligung zahlreicher Experten stattgefunden hat, der Meinung, dass genau diese Klarheit und Transparenz nicht geschaffen wurde. Es geht da wahrscheinlich wirklich um die heikelsten Momente im Leben eines Men­schen, über die der Mensch entweder noch in gesunden Zeiten oder dann schon


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