Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / Seite 84

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Ich glaube, dass die verbindliche Patientenverfügung ohnehin ein Minderheiten­pro­gramm sein wird, denn wer möchte eigentlich, wenn er gesund ist, schon festlegen, was mit ihm passiert, wenn er nicht mehr in der Lage ist, zu denken? Denkt nicht jeder: Vielleicht erfange ich mich doch noch, wenn ich künstliche Ernährung bekomme!? Ist es gescheit, wenn ich jetzt schon auf den Rest meines Lebens verzichte? – Ich glaube daher, dass dies ohnehin ein Minderheitenprogramm sein wird.

Für denjenigen, der es wirklich ernst meint, kann das Kostenargument meiner Meinung nach nicht schlagend sein. Der Herr Präsident der Rechtsanwaltskammer Benn-Ibler hat gesagt, es werde ungefähr 100 € kosten, eine Patientenverfügung aufzusetzen. Das scheint durchaus realistisch zu sein. Vielleicht werden sich Notare, Rechtsanwälte und Patientenanwälte auch zu einer einheitlichen Lösung durchringen können. Jeden­falls bin ich der Meinung, dass es für denjenigen, der es wirklich ernst meint, nicht an den Kosten scheitern wird.

Frau Abgeordnete Wurm, Sie haben auch die Registrierung erwähnt und gemeint, dass diese wichtig wäre. Da gebe ich Ihnen Recht! Ich glaube, es wäre am allergescheites­ten, in der e-card die Patientenverfügung zu vermerken. Darüber gibt es auch schon Gespräche, nämlich, ob nicht eventuell der Hauptverband der Sozialversicherungs­träger eine Verständigung vornimmt, wenn die Frist abläuft, damit man die Patienten­verfügung wieder erneuern kann. Das wäre meiner Meinung nach eine ganz gute Regelung. Eine Registrierung muss auf alle Fälle vorhanden sein.

Zum Schluss möchte ich betonen, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verbote der Mitwirkung am Selbstmord und der Tötung auf Verlangen, also die so genannte aktive Sterbehilfe von dieser Bestimmung nicht berührt wird. Diese gesetz­widrigen Handlungen sind nach wie vor mit Strafe bedroht. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

12.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Mag. Becher zu Wort gemeldet. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.16.46

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die moderne Medizin verfügt über immer mehr Mittel und Möglichkeiten, Krankheiten zu behandeln, Leben zu verlängern und Leben zu retten. Dafür sind die meisten von uns sehr dankbar, und viele Patienten, Angehörige und Ärzte sehen das als sehr große Hilfe an. Aber es gibt auch Situationen, in denen Menschen, Patienten wünschen, eine mögliche Behandlung nicht mehr in Anspruch zu nehmen, und keine lebensverlän­gernden Maßnahmen mehr zusätzlich wollen. Darüber wollen sie eben selbstbestimmt verfügen und ihre konkreten Vorstellungen in einer Patientenverfügung festhalten.

Leider Gottes ist die heutige Vorlage aus unserer Sicht problematisch und mangelhaft. Wir können daher dieser Vorlage bedauerlicherweise nicht zustimmen. Die Argumente, die dagegen sprechen, wurden zum Teil schon von meinem Kollegen angeführt. Die finanzielle Hürde ist aus meiner Sicht ein sehr ernst zu nehmendes Argument, da ich es als sozial ungerecht empfinde, dass Menschen an einer „vorausgreifenden Selbst­bestimmung“ – wie der deutsche Nationale Ethikrat das formuliert – gehindert werden und ihnen monetäre Prügel in den Weg geworfen werden.

Vorgesehen ist aber auch, dass für so eine Patientenverfügung rechtskundige Per­sonen zu Rate gezogen werden müssen; das ist im § 6 und auch in den Materialien so vorgesehen. Darüber habe ich mit einem Mitarbeiter eines katholischen Hospizes gesprochen, und der hat gemeint: Warum schaffen es viele rechtskundige Personen nicht, ein vorgefertigtes Formular zu erstellen, das auf viele verschiedene Bedürfnisse


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