Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / Seite 104

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welche Behandlungsmaßnahmen nicht gesetzt werden sollen – ausgenommen natür­lich die aktive Sterbehilfe.

Welche Probleme der Patientenverfügung gab es bis jetzt? – Bis dato enthielt der geltende Rechtszustand keine exakten Handlungsanweisungen an behandelnde Ärztinnen und Ärzte und andere Beteiligte wie Pflegepersonal und Angehörige. Besondere Probleme entstanden bei Details wie den formellen und inhaltlichen Standards der Patientenverfügung, dem Verhältnis der Patientenverfügung zu anderen rechtlichen Rahmenbedingungen für ärztliche Behandlung und der Wirksamkeit der Patientenverfügung, das heißt der Dauer der Gültigkeit.

Diese rechtlichen Defizite führten einerseits dazu, dass PatientInnen verunsichert waren, und andererseits stellten sie die behandelnde Ärztin beziehungsweise den behandelnden Arzt vor komplexe, ethisch schwierige Fragen, die sie oder er in ärztlicher Verantwortung entscheiden musste, zum Beispiel betreffend die Urteils- und Entscheidungsfähigkeit. Letztlich waren auch die Angehörigen betroffen, die oft zusätzlich mit nicht lösbaren Problemen belastet wurden.

Ich denke, dieses neue Gesetz über Patientenverfügungen ist ein wichtiger Schritt in unserem Gesundheitswesen, und ich möchte abschließen mit einem Zitat unserer Frau Bundesministerin, die gesagt hat: Mit diesem neuen Gesetz sind wir richtungsweisend für Europa.

Ich möchte mich bei allen Institutionen bedanken, wie zum Beispiel bei der Patienten­anwaltschaft, den Ärzten, der Hospizbewegung, die in den letzten Jahren diesen Dialog geführt haben, und vor allem möchte ich mich auch bei den beiden Bundes­ministerinnen bedanken. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.24


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

 


13.24.13

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerinnen! Wenn man sich die Situation zum Beispiel in Israel mit Alt-Minister­präsident Sharon anschaut, der seit Monaten nach mehreren Hirnoperationen an­scheinend unrettbar im Koma liegt, dann stellt sich schon die Frage: Wo endet ärztliche Kunst, wo endet ärztliches Müssen, und wo ist auch der Patientenwille zu berück­sichtigen?

Rein nach dem Strafrecht ist es relativ klar: Der Arzt hat das Maximum einzusetzen. Setzt er es nicht ein, kann er jederzeit von jedem angezeigt werden, und wenn er das Leben auch nur um eine Minute verkürzt, ist er fällig.

Ich glaube, das ist aber nicht der Wunsch vieler Patienten, die oft ihr Leiden als sinnlos empfinden, und ich denke, man muss den Patienten die Möglichkeit geben, zu Zeiten, wo sie erstens verstehen, was sie unterschreiben, und zweitens wissen, was mög­licherweise auf sie zukommen könnte, ihren Willen zu äußern, nämlich: Was geschieht mit mir und meinem Körper? – Ich glaube, das ist schlicht und einfach ein Punkt der menschlichen Würde.

Diese Patientenverfügung ist eine bessere Antwort als das holländische Modell, das zum Beispiel in Belgien, möglicherweise auch in anderen Ländern, nachgeahmt wird, nämlich der aktiven Sterbehilfe, weil man sieht, dass in Holland allein dadurch nicht einwilligungsfähige Menschen auch plötzlich von Expertengremien zu Sterbeopfern erklärt werden. 3 200 Todesfälle infolge vorzeitig beendeten Lebens in Holland zeigen mir, dass es schon viel problematischer ist, als man glaubt, den so genannten Patientenwillen von Dritten erfassen zu lassen. Da, finde ich, ist eine Patienten-


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