Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / Seite 171

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17.00.43

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lustig ist das alles nicht. (Abg. Steibl: Traurig!) – Eben. Natürlich ist es sehr verlockend, das Augenmerk darauf zu richten, dass sich die Grünen da in eine schiedsrichterliche Rolle drängen lassen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: So wichtig seid ihr nicht!) Aber so einfach wird es auch nicht sein. Ich werde in den sechs Minuten wahrscheinlich noch ein paar Bemerkungen und Vergleiche anbringen können, die sehr wohl mit dem Verhalten des Finanzministeriums zu tun haben und mit vergleich­baren Fällen auch bei der ÖVP, aber es kann nur richtig sein, dass wir uns auch und zunächst einmal dem Anlassfall zuwenden.

Die große Tragödie – weswegen ich sage, nicht lustig – ist doch zunächst die, dass es jetzt um die Glaubwürdigkeit des Gewerkschaftsbundes wesentlich schlechter bestellt ist als vorher. – Das ist die Sache, die uns jedenfalls mehr betrifft, als dass wir da einfach nur Häme verbreiten könnten. In den Glaubwürdigkeitsgewinn gehört jetzt investiert! Was ist aber dazu notwendig?

Möglicherweise unterscheiden sich da die Positionen von Sozialdemokratie und Grünen, weil nämlich das, was da passiert ist und zu all den Anlassfällen geführt hat, nicht einmal bloß mit Heuschreckenkapitalismus vergleichbar ist. Man müsste eigentlich noch einen dramatischeren Begriff finden oder verwenden. Man könnte sich zum Beispiel auf „Casino-Kapitalismus“ verständigen – nicht wegen dem Kasino in Jericho, obwohl das auch eine komische Geschichte ist, sondern weil man bestimmte Geschäfte auch von Banken einmal danach klassifizieren sollte, welche Nähe sie eigentlich zu realwirtschaftlichen Vorgängen haben. Da ist ein heuschreckenartiger Vorgang immer noch relativ näher zu einem normalen Geschäft, weil es dort nämlich um Einstieg in und Ausstieg aus Firmenbeteiligungen geht.

Worum es aber bei den heute diskutierten Vorgängen geht, ist so ziemlich am übelsten Ende der Skala angesiedelt: um reine Geschäfte mit Derivaten, um reine Spekulation. Deshalb ist da, glaube ich, der Begriff „Casino-Kapitalismus“ durchaus angebracht, und man hat ja gesehen, wohin das führen kann.

Ich würde also in dieser Sache nicht weiter den Richter spielen. Man könnte ja auch fragen, ob nicht auch ein paar Gewinne vorher drinnen waren und der Nettoverlust für die BAWAG vielleicht ohnehin geringer ist. – Das könnten wir alles, ist aber nicht unser Job. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Der Punkt ist, dass da die Glaubwürdigkeit nicht nur auf dem Spiel steht, sondern schon so weit verloren ist, dass sie eben von der Gewerkschaft zurückzuerobern wäre.

Und jetzt ist die Frage: Es ist aus meiner Sicht vielleicht weniger das Problem des Herrn Tumpel, dass er damals nicht verstanden hat, worauf er sich da einlässt. – Die Dinge sind ja sehr kompliziert, ein bisschen etwas hat er sogar gewusst. Aber eines kann man nicht wegschieben – weder vom Rednerpult, noch sonst irgendwo, auch nicht vom Präsidentensessel der Arbeiterkammer –, nämlich, dass es auch so etwas geben muss wie ein Auswahlverschulden.

Der Punkt war ja nicht, dass manche Aufsichtsräte – vom ÖGB in die BAWAG entsandt – das alles nicht verstanden haben, was da vorgeht, und gar nicht gemerkt haben, wie sie bedackelt werden. Sie haben aber jedenfalls eines in vollem Wissen zu verantworten, nämlich dass sie Manager dort hingesetzt haben, die so fuhrwerken, wie sie gefuhrwerkt haben. Das alleine rechtfertigt in weiterer Folge die Frage nach der politischen Verantwortung und rechtfertigt auch, dass wir bis jetzt einmal an den Herrn Präsidenten Tumpel appelliert haben, in sich zu gehen und zu überlegen, ob er noch am richtigen Platze ist.

 


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