Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 144. Sitzung / Seite 78

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wo Makromaßnahmen notwendig sind, ist natürlich die Union als Ganzes immer mehr gefordert. Dort geschieht jedoch gar nichts!

Nein, man gibt sich selbst unter dem Stichwort „Lissabon-Prozess“ einen Freibrief in die Hand, dass endlich alle nationalen Regierungen tätig werden sollen, und wir müs­sen hier bei uns anfangen. Das ist in bestimmten Bereichen auch richtig, nur führt es dazu, dass man sich selbst leichter in diese falsche Vorstellung flüchten kann, dass Makropolitik auch in kleineren offenen Volkswirtschaften – gerade so wie Österreich – effizient betrieben werden könnte. Das geht aber nicht! Dies steht sogar in jedem Lehr­buch, es wird aber diese Einsicht über den ganzen Lissabon-Nebel, der da dauernd verbreitet wird, ausgehöhlt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jetzt frage ich mich das ein zweites Mal, und schön langsam komme ich wirklich zu dieser Antwort: Das kann ja nur mehr Absicht sein! Denn es sind grundsätzlich intelli­gente Leute am Werk, möchte man unterstellen, daher wird es wohl eher absichtlich so sein, und da geht die Sache nicht zusammen.

Schauen Sie, Sie bringen in diesem ganze Lissabon-Ding kein Fleisch ans Skelett! Jetzt klappern Sie mit diesem Ding herum und wundern sich, warum der Jubel von der Galerie ausbleibt. Mich wundert das nicht. Es ist letztlich auch wenig anschaulich, und in Wirklichkeit wissen die Leute wahrscheinlich besser, als wir glauben, worum es ge­hen würde.

Wenn Makropolitik gefragt ist, dann doch dort, wo die EU gemeinsam investieren könnte! Etwa in eine andere Energiepolitik: Es hilft ja nichts, wenn wir „15 Prozent im Jahr 2015“ schreiben. Ja, das klingt irgendwie zusammen, das reimt sich sozusagen zahlenmäßig, aber es gibt keinen Maßnahmenkatalog! Dieser wird auch etwas kosten müssen, und dafür wird auf EU-Ebene eine andere Budgetpolitik als die jetzige betrie­ben werden müssen. Dies alles bleibt aus – vermutlich absichtlich.

Für die Verkehrspolitik gilt das Gleiche. Da hilft es dann auch nichts, wenn Kanzler Schüssel – ich komme zu Ihrem Vergnügen jetzt ohnehin zum Ende – sich hinstellt und, laut nachdenkend, verdienstvolle Dinge von sich gibt, nämlich ein Besteuerung vielleicht auf dem Sektor des Flugbenzins oder des Schiffsverkehrs, um die Eigenmittel zu stärken – das hat wieder andere gute Gründe, warum das vernünftig zu sein scheint –, Tobin Tax dasselbe.

Es gibt ja nicht einmal glaubwürdige Initiativen von Österreich in diesem Zusammen­hang, und das macht den Abschluss in dem Punkt tatsächlich traurig. Wir haben ent­sprechende Anträge hier im Haus vorliegen, diese werden in Vier-Parteien-Versuchen irgendwie besprochen, mehr ist das nicht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wissen Sie, was da wieder herauskommt? Das Ganze hat überhaupt nur dann einen Sinn – so wird es jetzt von der ÖVP formuliert und, anders als von Schüssel, über Nacht angekün­digt –, wenn es auf dem ganzen Globus angegangen wird.

Das wäre zwar schön und wünschenswert, aber da könnten wir gleich auf einen inter­planetarischen Zusammenhang warten! Denn auf die USA brauchen wir da in den nächsten paar Jahren nicht zu warten; jedenfalls wird Kanzler Schüssel den Präsiden­ten Bush in den verbleibenden drei Monaten seiner Präsidentschaft kaum davon über­zeugen. Und genauso wenig überzeugend sind Sie mit Ihren Ankündigungen! (Beifall bei den Grünen.)

14.46


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordne­ter Dr. Wittmann. – Bitte. (Zwischenrufe bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

 


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