Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 148. Sitzung / Seite 15

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Steuerzahlern einfach schuldig. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen – BZÖ.)

9.34


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusen­bauer. Auch seine Redezeit beträgt 14 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


9.34.23

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist in der Tat ein wichtiger Tag für die Zukunft eines der größten österreichischen Bankinstitute, und es ist ein wichtiger Tag für den Finanzplatz Österreich und vor allem natürlich ein wichtiger Tag für die über 6 000 Beschäftigten bei der BAWAG P.S.K.-Gruppe, die wirklich nicht zu beneiden sind, denn was diese in den letzten Wochen durchstehen mussten, ohne für diese Situation etwas zu können, ist außerordentlich gewesen. Ich möchte klar und deutlich sagen, unsere erste Solidarität gehört den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der BAWAG P.S.K.-Gruppe. (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren, es ist in der Tat eine höchst bemerkenswerte, höchst bedauerliche und höchst erstaunliche Angelegenheit, die sich mit diesem Schadensfall bei der BAWAG P.S.K.-Gruppe präsentiert, dass es nämlich möglich war, dass eine kleine Gruppe von Leuten über Jahre zumindest höchst riskante, wenn nicht sogar vielleicht verbotene Spekulationsgeschäfte gemacht hat, ohne – ohne! – dass die vielfältig vorhandenen Kontrollinstanzen dabei gegriffen hätten. Wir haben in Öster­reich eine an sich sehr, sehr ausgeprägte Kontrollszenerie: angefangen vom Vorstand über den Aufsichtsrat, über die Rolle des Eigentümers bis hin zur Finanzmarktaufsicht. Eigentlich sind wir bisher davon ausgegangen, dass das ein funktionierendes System sein sollte, eines, das sicherstellt, dass solche Dinge frühzeitig aufgeklärt werden und weiterer Schaden davon abgewandt wird.

Wir müssen jedoch feststellen, dass, obwohl es so ein ausgeklügeltes Kontrollsystem gibt, dieses offensichtlich nicht zu 100 Prozent funktioniert hat, weil unter Umständen die Energie und die Absicht und, wenn man so will, auch die kriminelle Intelligenz einzelner Handelnder besser ausgeprägt waren als die Kontrollinstanzen, die wir in Österreich für diese Fragen haben.

Daher, so glaube ich, gilt es, zwei oder drei Konsequenzen aus dem Ganzen zu ziehen:

Erstens: Es ist selbstverständlich alles aufzuklären, und zwar schonungslos aufzu­klären, was den Vorstand betrifft, was alle Aufsichtsräte betrifft, was die Eigen­tümervertreter betrifft, ohne Ansehen von Rang und Namen – diese Auffassung teile ich. Die Gerichte haben festzustellen, welche nicht nur strafrechtlichen, sondern unter Umständen auch zivilrechtlichen, vermögensrechtlichen Schritte zu setzen sind. Ich glaube, es ist im Sinne der Hygiene, auch der politischen Hygiene, dass es da umfassende Klarheit gibt.

Aber das Zweite, was auch untersucht werden muss, ist selbstverständlich, wie aus dem Versagen des gesamten Kontrollmechanismus Konsequenzen für die Zukunft gezogen werden können. Da Herr Klubobmann Molterer gemeint hat, das wäre ein wichtiger Schritt, stelle ich die Frage, wieso wir eigentlich hier im Hohen Haus nicht zu einem Konsens gekommen sind, dass es einen umfassenden Untersuchungs­aus­schuss gibt, der sich mit dieser Frage beschäftigt. Die Grünen und die Sozialdemo­kratie haben die Einsetzung eines solchen Untersuchungsausschusses gefordert – leider sind jedoch die Regierungsparteien nicht mitgegangen. Ich glaube, ein solcher Untersuchungsausschuss wäre die beste Möglichkeit, rückhaltlos alles aufzuklären,


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