Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / Seite 74

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durch Mauern und ganz strenge Kontrollen an den Grenzen abschotten kann, und dann passiert nichts mehr, dann leben wir hier alle in Sicherheit und sind zufrieden, und alles ist wunderbar, das ist wohl eine Illusion: in Zeiten von Globalisierung erst recht! Es wäre doch absurd, gerade in Zeiten der Globalisierung meinen zu wollen, man baut eine Festung Europa – und dann ist alles sicher.

Ein abschreckendes Beispiel gibt es, nämlich auch für all jene, die immer finden, man braucht sehr viel mehr Wirtschaftsbeziehungen, sehr viel mehr Freihandel und so weiter. Nehmen Sie das Beispiel USA – Mexiko her. In den Vereinigten Staaten von Amerika rebellieren jetzt die Migranten und Migrantinnen vor allem aus Mexiko und anderen lateinamerikanischen Ländern und sagen, sie wollen endlich Rechte haben und nicht nur die billigen Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger der USA bringen. Gleichzeitig sagt die Regierung Bush, wir bauen eine Mauer an der mexikanischen Grenze, nicht nur das Stückerl in Kalifornien, das es ohnehin schon gegeben hat, sondern die ganze Grenze entlang! (Abg. Dr. Spindelegger: Wir reden aber über Europa! Da gibt es keine Mauer! Sie sind auf dem falschen Kontinent unterwegs!)

Wissen Sie, was da im Vorfeld passiert ist? – Das Freihandelsabkommen zwischen USA, Mexiko und Kanada, NAFTA, hat dazu geführt, dass zum Beispiel, um es ganz konkret zu machen, durch den Import von Mais aus den Vereinigten Staaten, zum Teil gentechnisch verändert und hoch subventioniert, bis zu 800 000 Arbeitsplätze in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft in Mexiko zerstört wurden! Und dann regt sich noch jemand auf, dass diese versuchen, in das Land, das ihnen ihre Arbeitsplätze kaputt macht, zu migrieren?! Das ist doch eine absolute Scheuklappenpolitik, zu sagen, jetzt bauen wir eine Mauer, aber die Wirtschaftspolitik machen wir weiter wie bisher! – Das kann doch nicht gut gehen! Da brauchen Sie sich nicht zu wundern, dass der Migrationsdruck steigt! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Frau Kollegin Partik-Pablé meint, man müsse Hilfe leisten für Afrika und für die Staaten der früheren Sowjetunion, dann kann ich Ihnen nur sagen: Hilfe allein ist auf jeden Fall zu wenig! Da geht es darum, dass Gerechtigkeit – auch wenn dieses Wort vielleicht in der Wirtschaft heute nicht mehr so gilt – in Wirtschaftsbeziehungen herrscht, dass europäische Sozial- und ökologische Standards eingehalten werden, dass die Gewinne auch in diesen Ländern investiert werden (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen) und nicht alle abfließen, damit die Menschen dort auch die Möglichkeit haben, zu überleben. Hilfe allein ist es nicht: Die Wirtschafts­beziehungen müssen gerechter gestaltet werden! (Beifall bei den Grünen.)

13.17


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe bekannt, dass die soeben in ihren Kernpunkten erläuterten Entschließungsanträge der Abgeordneten Mag. Stoisits, Kolle­gin­nen und Kollegen schriftlich überreicht wurden und genügend unterstützt sind. Sie stehen daher mit in Verhandlung.

Auf Grund des Umfangs dieser Anträge lasse ich sie gemäß § 53 Abs. 4 der Ge­schäfts­ordnung vervielfältigen und verteilen; außerdem werden sie dem Stenographi­schen Protokoll beigefügt.

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde betreffend Flücht­lingstragödien vor den Küsten der EU,

 


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