Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 155. Sitzung / Seite 57

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Verdächtigen strafunmündig sind, also unter 14 Jahren sind, wobei die Dunkelziffer da sehr hoch ist.

Ich glaube, angesichts dessen sollten alle Alarmglocken läuten. Ich habe einmal hier eine Diskussion entfacht, in der ich gesagt habe, dass man überlegen sollte, unter an­derem auch die Strafmündigkeitsgrenze, die derzeit bei 14 Jahren liegt, herunterzuset­zen. Da hat man sofort gesagt: Aha, der Klubobmann Scheibner will jetzt Kinder ein­sperren!

Ganz im Gegenteil: Ich möchte überhaupt nicht, dass Kinder eingesperrt werden, son­dern ich möchte verhindern, dass Kinder, wenn sie 14 Jahre alt werden, eingesperrt werden, weil sie das erste Mal für ihre Delikte, die sie schon vorher verübt haben, ohne dass das eine Sanktion nach sich gezogen hat, dann mit Haftstrafe bedroht werden und dafür belangt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Das müssen wir verhindern! Deshalb müssen wir bei der Strafmündigkeitsgrenze wei­ter unten ansetzen. Die Entwicklung ist immer dramatischer: Immer mehr strafunmün­dige Jugendliche begehen schon oft in drei-, vierstelligen Zahlen Straftaten, ohne dass es irgendeine Reaktion darauf gibt, und zwar weder im Bereich der Jugendwohlfahrt – diese gilt es zu entwickeln – noch im Bereich der Sozialpädagogik oder in anderen Be­reichen. Dabei gibt es ja im Jugendgerichtsgesetz viele positive Maßnahmen.

Nicht das Einsperren sollte hier im Vordergrund stehen. Mich wundert es immer, dass man sofort sagt: Man will nur einsperren! Das Jugendgerichtsgesetz in Österreich ist eines der modernsten Gesetze in diesem Bereich, wo die Diversion vorgesehen ist, wo das Auseinandersetzen mit der strafbaren Handlung, das Auseinandersetzen auch mit den Folgen etwa beim Opfer wichtig ist. Da gibt es die Möglichkeit, nur ein Urteil aus­zusprechen, ohne Sanktion, damit man sieht, dass es da eine Reaktion von Seiten der Gesellschaft gibt. Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Jugendlichen in Sozialein­richtungen eingebunden werden. Diese sinnvollen Tätigkeiten sollte man ausweiten.

Was die Jugendwohlfahrt betrifft, so ist das Ländersache – in manchen Fällen muss man sagen: leider Ländersache! –, und da sieht man, dass es da manche Bundeslän­der gibt, die sehr aktiv sind, und andere, die diese Einrichtungen vernachlässigen.

Es sollte die Möglichkeit geben, straffällig gewordene unmündige Jugendliche in sozia­len Betreuungseinrichtungen zu betreuen, sie zu begleiten, ihnen zu helfen, vielleicht auch, wenn es notwendig ist, sie für eine bestimmte Zeit aus dem Familienverband herauszunehmen, wenn es dort zur Anwendung von Gewalt an den Kindern gekom­men ist, um den Jugendlichen zu helfen beziehungsweise zu verhindern, dass sie auf die schiefe Bahn kommen und mit 14 Jahren, wenn sie strafmündig werden, sofort die „volle Keule“ der Reaktion der Gesellschaft erfahren.

Darum wäre es mir bei dieser Diskussion gegangen. Es ist leider nicht dazu gekom­men, weil man gesagt hat, es sei zu kurzfristig und zu schwierig in der jetzigen Phase. Aber ich hoffe, dass wir uns alle hier vor dieser Verantwortung nicht drücken, dass man nicht mit Schlagworten beziehungsweise mit „Totschlag-Argumenten“, nämlich der Haft, sofort diese wichtige, schwierige Diskussion sozusagen ad acta legt, sondern dass man sich im Interesse der Kinder stärker mit der Frage beschäftigt: Mit welchen Maßnahmen in einem umfassenden Bereich schützen wir die Kinder in Zukunft stärker vor Gewalt an ihnen und schützen wir aber auch die Gesellschaft vor Gewalt, die von Jugendlichen ausgeht? (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Nächste, der zu Wort kommt, ist Herr Abge­ordneter Pack. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


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