Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 157. Sitzung / Seite 29

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tion ... braucht ... redaktionelle und inhaltliche Pluralität.“ Und weiters sagt er: und „nicht bei jedem Studiogast und jedem Diskussionsthema erst nachfragen müssen“.

Was heißt das? Wenn eine „Offen gesagt“-Sendung gemacht wird, wenn eine „Presse­stunde“ gemacht wird, wenn die Themen für die „ZiB 1“, für die „ZiB 2“, für die „ZiB 3“ ausgesucht werden, muss der Journalist jedes Mal zu Herrn Werner Mück gehen und muss fragen: Herr Mück, darf ich dieses Thema nehmen? – Nein, darf ich nicht? Na, dann streichen wir es halt.

Oder er kämpft. Und viele kämpfen mutig gegen dieses Diktat, das von diesem Schreibtisch in diesem Unternehmen ausgeht, wenn es um die Freiheit im ORF geht. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Armin Wolf zitiert in seiner – man muss fast schon sagen legendären – Rede auch Heinrich Neisser. Heinrich Neisser ist hier gesessen, wo Klubobmann Molterer jetzt sitzt. Klubobmann der ÖVP war er – nicht irgendwer –, einer der größten und besten Redner, die dieses Haus je gesehen hat. Was sagt er? – Ich zitiere Heinrich Neisser:

„Noch nie in der Geschichte der Zweiten Republik wurde der medienpolitische Macht­anspruch so ungeniert artikuliert wie unter der ,Wenderegierung‘. (...) Der ORF wird als Besitz betrachtet, Politiker fühlen sich als Hausherren. (...) Eine neue Facette im Sys­tem ist die Unverfrorenheit, mit der die politischen Parteien ihre Kandidaten aufstellen und bewerben.“ (Zwischenrufe der Abgeordneten Schöls und Rädler.)

Das hat Heinrich Neisser gesagt, Ihr ehemaliger Klubobmann, der hier gesessen ist. Ihr Chef – ÖVP! –, sagt das, was jetzt die offizielle ÖVP-Medienpolitik ist.

Und wissen Sie, was verräterisch war? – Verräterisch war Ihr Zitat mit der „Verräter­suche“. Das war ganz verräterisch, denn was Sie sagen, ist: Wir wollen keine geheime Abstimmung im Stiftungsrat am 17. August, denn wir, Molterer, Lopatka und Co – oder Sie sagen „wir“ und meinen nur Sie –, wir wollen nicht „auf Verrätersuche“ gehen müs­sen, denn wir kennen die Diskussion in der ÖVP-Fraktion im Stiftungsrat, wenn Herr Andreas Braun aus Tirol sagt: Ich weiß nicht, aber ich glaube, ich werde jetzt nicht der Empfehlung der ÖVP folgen!, und der ÖVP-Zentralbetriebsratsobmann Fiedler sagt: Dann raus mit ihm!, Haut ihn raus aus dem Stiftungsrat!, und geht zur Tiroler Landes­regierung und sagt: Beruft ihn doch endlich ab, der will sich im Stiftungsrat nicht an die ÖVP-Linie halten! – Das ist die Wahrheit! Lernen Sie endlich daraus!

Wir haben von unseren Fehlern gelernt – Sie nicht! Bei Ihnen herrscht die Panzer-Men­talität vor! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Murauer: Was habt ihr gelernt, Herr Cap?) Sie wollen diesen Weg fortsetzen (Abg. Murauer: Noch einmal: Was habt ihr gelernt?) – und wenn der ORF daran zerbricht! Das ist Ihnen egal. (Zwischenruf der Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer.)

Daher sage ich Ihnen, das Entscheidende ist – und das ist meine Botschaft an all die Journalisten, die hier zuhören –: Lassen Sie die Journalisten einfach in Ruhe! Lassen Sie sie ... – Ja, dann lachen Sie. Das kennen Sie gar nicht! Haben Sie schon das Tele­fon in der Hand, oder was? – Lassen Sie die Journalisten im ORF einfach in Ruhe! Sie sollen dort ihre Arbeit tun, sie sollen dort kreativ sein dürfen. Sie sollen die Prinzipien des ORF-Gesetzes erfüllen dürfen.

Lassen Sie das endlich zu: im Interesse der ZuseherInnen und ZuhörerInnen, im Inter­esse des ORF, im Interesse der Demokratie in Österreich! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie Bravorufe bei der SPÖ.)

16.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Seine Redezeit beträgt 8 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


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