Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / Seite 39

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der Anlage festgelegten slowenischen Bezeichnungen abweichen, erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgetauscht werden müssen. Schließlich soll die neue Verordnung rückwirkend mit Ablauf des 30. Juni 2006 in Kraft treten.“

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Präsident Dr. Andreas Khol: Der Rückverweisungsantrag, den Herr Abgeordneter Scheibner eingebracht hat, braucht nicht von mir enunziert zu werden. Dieser wird abgestimmt wie alle anderen Anträge am Ende der Debatte.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Auch seine Redezeit beträgt 12 Minuten. – Bitte.

 


9.43.49

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Sitzung – wie auch schon die Dringliche vorgestern – wird sicher Eingang finden in die politikwissenschaftlichen Lehrbücher, um darzustellen, wie man versucht, Verantwortung ab- und Schuld zuzuschieben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Bisher war es so, dass die Kärntner SPÖ nach übereinstimmender Auffassung – ich finde es zumindest, dass es so war – zumindest mitschuld war am Nicht-Aufstellen zweisprachiger Ortstafeln. Jetzt ist es plötzlich die Bundes-SPÖ. (Abg. Lentsch: Und die Grünen!) – Die Grünen wurden in dieser Angelegenheit nicht einmal gefragt, aber dafür habe ich auch Verständnis, weil unsere Position von Anfang an glasklar war: Es braucht in diesem Zusammenhang für das, was Sie vorhaben, keine Verfassungs­bestimmung. Ganz im Gegenteil: Eine Verfassungsbestimmung für das, was Sie vorhaben, ist kontraproduktiv und deutet auf einen, wie Heinz Mayer sagt, „erbärm­lichen Umgang“ mit der österreichischen Verfassung hin. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie tun so, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, als ob auf einmal eine Verfassungsbestimmung zum Schutz der Minderheitenrechte in Österreich not­wendig wäre, insbesondere zum Schutz der Kärntner mit slowenischer Muttersprache. Darf ich Sie an Folgendes erinnern: Es gibt den Staatsvertrag von 1955, dessen Verpflichtungen – nach übereinstimmender Meinung aller Fraktionen dieses Hauses – bis heute nicht erfüllt sind. Ich sage ausdrücklich: aller Fraktionen, denn selbst Haider muss in einer stillen Minute diesen Gedanken gehabt haben, sonst hätte er sich ja überhaupt nicht zum Verhandlungstisch setzen brauchen.

Es gibt die Staatszielbestimmung nach Artikel 8 des Bundes-Verfassungsgesetzes, und es gibt die einschlägigen Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes. Allein wenn Sie schon den Artikel 8 der Bundesverfassung ernst nehmen würden, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen (Abg. Scheibner: Den haben wir erst beschlossen, Herr Kollege!), müsste Ihnen klar sein, dass Sie eine Verfassungs­bestimmung für das, was Sie vorhaben, gar nicht brauchen, daher keine Zweidrittel­mehrheit hier im Haus brauchen und daher auch nicht die Zustimmung der Bundes-SPÖ brauchen. Sie sind entweder zu feig, das mit einem einfachen Gesetz zu beschließen, oder Sie wollen eben genau das, was ich Ihnen unterstelle: durch eine Verfassungsbestimmung die Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes aushebeln. Das ist es. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zu Ihrer Erinnerung: Im Artikel 8 der Bundesverfassung heißt es ausdrücklich: „Die Republik (...) bekennt sich zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die in den autochthonen Volksgruppen zum Ausdruck kommt. Sprache und Kultur,


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