Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 93

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Astrid Stadler, Georg Keuschnigg, Mag. Karin Hakl, Maria Grander, Johannes Schweisgut, Helga Machne und Hermann Gahr (1610 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Wunschredezeit: 7 Minu­ten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.51.42

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Der Grund, warum ich hier als Erste rede, ist, dass die Grünen diesem Antrag die Zustimmung nicht geben werden. Es geht hier um einen Vorschlag, einen Entschließungsantrag, bei einer etwaigen Verfassungsreform die Schutzfunktion für die österreichische Volksgruppe in Südtirol in die Verfassung aufzunehmen und auch die Schutzfunktion anderer Staaten für ihre in Österreich lebenden Volksgruppen in der Verfassung zu verankern. – Ich werde Ihnen erklären, warum wir, entgegen allen anderen Parteien, dem nicht zustimmen können.

Das Verhältnis zwischen Österreich und Südtirol beziehungsweise Italien ist in den letzten, sagen wir einmal, 30 Jahren ein hervorragendes, ein ausgezeichnetes. Dazu haben viele beigetragen, gerade auch viele Tiroler, aber auch viele andere Österrei­cherinnen und Österreicher, das hat sich entwickelt. Schon 1992 gab es die Streitbeile­gung; diese haben wir 2002 – da war ich auch schon in diesem Hohen Haus – hier im Hohen Haus auch gefeiert und für richtig befunden.

Erst vor kurzem, am 5. September 2006, gab es in Südtirol – in Bozen, auch im Boze­ner Landtag – eine Feier aus dem Anlass, dass vor 60 Jahren das Pariser Abkommen, das so genannte Gruber-De-Gasperi-Abkommen, abgeschlossen worden war. Dort hat – ich zitiere aus der „Tiroler Tageszeitung“ – Herr Ex-Botschafter Ludwig Steiner als einer, der sogar damals schon dabei war, unter anderem gesagt, dass es ein schwieriger Weg war, dass wir aber stolz auf das Erreichte sein können. Dem stimme ich voll und ganz zu.

Er hat auch gesagt, dass es ein sehr emotionales Anliegen war. Viele Jahre lang gab es zahlreiche Schwierigkeiten. Es ist Österreich dann gelungen – dies war sinnvoll –, das Ganze auch vor die UNO zu bringen und die Südtirol-Frage international zu veran­kern. Das war richtig und gut. Auch die Autonomie, die es jetzt gibt, ist eine, die tat­sächlich ein ganz besonderer und sehr guter Fall von Autonomie ist, der auch interna­tional immer wieder als positives Beispiel dafür dargelegt wird, wie eine Autonomie­regelung aussehen kann.

Botschafter Steiner hat in Südtirol, in Bozen, vor wenig mehr als einem Monat auch ge­sagt: Innerhalb der EU braucht man keinen Vertrag, dass man mit dem Nachbarstaat in Frieden lebt. – Das ist einer der Gründe, warum wir diesem Ansinnen hinsichtlich eines Entschließungsantrags nicht zustimmen werden, hinsichtlich irgendeiner Verfassungs­reform, die es vielleicht einmal geben wird; denn die jetzige, die in dieser Legislatur­periode geplant war, wurde ja heute „unpompös“, wie Eva Glawischnig gesagt hat, zu Grabe getragen.

Das ist einer der Gründe: In einem vereinten Europa braucht es unserer Ansicht nach nicht die Verankerung von Schutzfunktionen für Volksgruppen in anderen Staaten. Noch dazu ist Minderheiten- und Volksgruppenpolitik eine Frage der aktiven Politik und nicht von Bekenntnissen, die in der Realität überhaupt keine Bedeutung haben.

 


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